Das Gebäude "Schifferhauß" gehörte der Familie Koe(h)ne in Hovestadt, die als Pächter des Grafen das Fahrschiff für die Übersetzung schwerer Frachtwagen über die Lippe benutzten. Der Fährbetrieb wurde auch nach der Errichtung der östlich gelegenen Holzbrücke 1792-93 fortgeführt.
Am 1. Oktober 1792 berichtete der gräfliche Rentmeister (Stephan) Schierhölter dem Herzfelder Gografen D. L. Fellings, dass das (über 149 Jahre alte) Fahrschiff schadhaft geworden sei und man bis zur Fertigstellung eines neuen Fahrschiffes das "alte zur Sicherheit der Überfahrt auf Pfosten und Balken (be)ruhen solle und daher eine Erhöhung des Lippeufers durch die Eingesessenen Herzfelds" vorzunehmen, da diese Arbeit ihnen seit "undenklichen Zeiten zur Last" liege. Der Gograf sandte das Schreiben des Rentmeisters an den Amtsdrosten von Nagel zu Vornholz und fügte hinzu, dass durch "die Anlage der neuen Brücke und der deswegen aufzufüllenden Ufer und die Erhöhung des Weges wenigstens 60 Fuder Holz -bisher 30 Fuder- ohne den dazu nötigen Sand beigeschafft werden müßten..."
Die Beamten des Amtes Stromberg erstatten der kurfürstlich münsterischen Regierung Bericht darüber, dass die Hovestädter vermutlich auf Geheiß des Grafen ohne Anfrage Sand von dem hiesigen Territorium holen und damit die Ausbesserung der Wege im kölnischen Lande vornehmen und die Pfosten für die Brücke auf dem hiesigen Grund gesetzt und damit eine "Neuerung an hiesigen Landesgesetzen" getätigt haben. Da die Herzfelder Eingesessenen eine Erhöhung des Aufwandes für die Instandhaltung des Herzfelder Ufers befürchten, "erbitten untertänigst en gnädigen Befehl, ob es nicht bei dem sonst fahrenden Schiffe wovon der Graf von den Überfahrenden das Wegegeld fordert, belassen werden möchte".
Die jahrelangen Streitigkeiten sind in den beiden vorgenannten Berichten nachzulesen. Erst durch den Tod des Grafen Plettenberg und durch die Ernennung des neuen Landrats von Oer - das ehemals bischöfliche Amt Stromberg war von 1803-1806 unter preussischer Herrschaft- trat vorübergehend Ruhe zwischen den streitenden Parteien ein, jedoch musste die Witwe des Grafen beim Landrat von Oer die Verweigerung der schuldigen Kornpacht ihrer Colonen aus Herzfeld einklagen.
In der 1775 von J. H. Jung gezeichneten Flurkarte, von der nur ein Ausschnitt bisher veröffentlicht wurde, ist der Verlauf der Lippe zwischen dem "Jüler" und 1755 mit "Althoff, Kamp" bezeichneten Grundbesitz östlich der Schlossanlage und dem weiteren Lippebogen westlich des Schlosses, der in der Urkatasterkarte einen weiteren Lippebogen westlich des Schlosses dargestellt.
In der Urkatasterkarte von 1828 wie auch in neueren Karten ist die Fläche mit "Segenkamp" bezeichnet. Die Flurkarte von 1775 weist auf dem nördlich der Lippe gelegenen Gelände die Bezeichnung "Gemeinheit Hertzfeld" und die Flurstücks-Nummern, 237, 238 und 239 auf. Bei dem als 'Schifferhaus" bezeichneten Gebäude südlich der Lippe hat J. H. Jung die Flurstück-Nr. 240 und 241 eingesetzt, dazu eine für "Brücke oder Furt" stehende Doppelstrichelung und eine mit Punkten angedeutete Strichelung. Die Linienführung könnte eine geplante "Begradigung“ des Lippelaufes bedeuten, die damals vielleicht geplant, jedoch nicht durchgeführt wurde. Die von Joseph Herold in seinem Band "Die tausenjährige Geschichte des Gemeinwesens Herzfeld" 1886 verzeichnete Nachricht über die im Mai 1775 vom Grafen Plettenberg an die Herzfelder Provisoren verfaßte "Anzeige über das neuerdings ein weggeldt in Hovestadt angelegt" sei, das damals für das Übersetzen ein "Schiffshaber" entrichtet werden mußte (S. 109, Anm. 2), dürfte im Zusammenhang mit den Aktivitäten des Grafen Josph Clement von Plettenberg stehen. Möglicherweise befinden sich im Archiv Hovestadt Archivalien über die 1775 nachweisbaren Maßnahmen des Grafen Beauftragung des Landmessers Jung mit Vermessungen an der Lippe und Erstellung einer großformatigen Flurkarte (zu der mit Sicherheit eine Beschreibung gehörte), Festsetzung eines (geänderten) Wegegeldes für die Überfahrt mit dem Fahrschiff und möglicherweise erste Planungen für den Bau der 1792/93 erbauten Holzbrücke östlich von der Route der von der Familie Kohne gepachteten Überfahrt Hovestadt-Herzfeld.
Zu den weiteren Aktivitäten des Grafen Joseph Clement und auch wohl seiner Frau Maria Theresia von Weichs-Körtlinghausen ist die Lektüre zur Gründung der "Franziskaner-Residenz in Hovestadt 1767-1838" von Markus Hunecke OFM, Werl 1989, 8.33 - 45) zu empfehlen.
Frau Dr. Kristin Püttmann, die 199O die Redaktion der Dokumentation "SCHLOSS AHAUS 1690-1990" innehatte, war sehr oft bei uns zu Redaktionsgesprächen zu Gast. Sie hat im Jahre 1987 die Dokumentation "Schlosskapellen im Raume Westfalen 1650-1770" veröffentlicht. Darin wird auch die Kapelle des Schlosses Hovestadt (S. 198-200) beschrieben. Frau Püttmann weist u. a. darauf hin, dass Ende des 19. Jahrhunderts "zwei Fenster in die ehemals geschlossene Ostwand der Kapelle eingebrochen wurden...” Bruder Markus nimmt dagegen richtigstellend das Jahr 1914 für den Einbau der Fenster an. , da nach dem Brand des Renteigebäudes am 2. Oktober 1910 Baumaßnahmen erforderlich wurden, die sich auch auf das Kapellengebäude erstreckten.
Offensichtlich war der Kapellenraum zu dunkel, als man 1882 den neuen Hauptaltar an der Ostseite des Raumes -unter Beibehaltung des Loreto-Altares an der Südseite- aufstellte.
Ein Glockendachreiter nach der Zeichnung des in Hovestadt anwesenden Engelbert Frhr. von Kerckerinck zur Borg wurde aufgesetzt mit der am 15. Januar 1912 umgegossenen Glocke.
Die neuen Fenster an der Gartenseite des Kapellenraumes erforderten auch eine Ergänzung der Seiten- und Deckenbemalung. Die kunstsinnige Gemahlin des Grafen, Helene Gräfin von Plettenberg-Lenhausen geb. Stolberg zu Stolberg (1875-1933), ließ den (neu-romanischen) Hauptaltar entfernen und holte den in der Kapelle von Schoneberg aufgestellten alten Barockaltar wieder nach Hovestadt in ihre Kapelle. Sodann wurde mit Hilfe namentlich genannter Helfer die ursprüngliche Deckenmalerei wieder freigelegt. Frau Gräfin übernahm die Restauration der Deckenbemalung und die Dekoration der Fensterbögen. Es ist bekannt, dass die Gräfin den Salon im Erdgeschoss mit einer von ihr bemalten Seidentapete ausstattete.
Sie führte -jeden Morgen um 6 Uhr- das Tagebuch über den Vortag; es soll ein Koffer voller Tagebücher vorhanden sein.
Zum Wappen derer von Plettenberg an dem Kirchenstuhl stellt sich die Frage, welcher Zweig der Familie hier gemeint ist. Dr. Friedrich von Klocke hat in seinem 1928 erschienenen l. Band der "Studien zur Soester Geschichte" eine Stammtafel der Herren von Plettenberg zu Meyerich, Nehlen und Wischlingen (bei Dortmund) (n. S. 324) sowie eine spezielle Ahnentafel des Wolter von Plettenberg, Deutschordensmeister in Livland (1494-1535), erstellt.
Leider habe ich beim Studium der speziellen Fachliteratur keinen Hinweis auf eine frühe Ahnenreihe der Freiherren von Plettenberg auf Lenhausen entdeckt. Auch eine Verbindung der Familien von Ketteler bzw. der von Plettenberg mit dem Patriziergeschlecht Prume habe ich bisher nicht finden können, obwohl eine solche nach den Wappendarstellungen des Kirchenstuhls bestanden hat. Oder hat sich Dr. Hubertus Schwartz sich hier in der Deutung des Wappens Prume geirrt?
Die Aussage von Dr. H. Schwartz, dass es sich bei dem Kirchenstuhl "wohl um den Herrschaftssitz aus der Vorgängerkapelle handele“, wirft die Frage nach dem Standort bzw. der Ausstattung auf. Frau Dr. Kristin Püttmann weist ebenfalls auf eine Vorgängerkapelle (auf der Vorburg) hin, die mit dem Bau des Renaissanceschlosses 1563-1572 errichtet worden sein soll. Sie bezieht sich auf Aussagen des Landeskonservators Prof. Theodor Rensing und August Kracht; insbesondere jedoch auf einen Brief des Joseph Clemens Graf von Plettenberg vom 17.12.1755 an das bischöfliche Generalvikariat in Paderborn (BGVA Paderborn): "...daß bereits eine Kapelle vorhanden sei und daß er die Absicht habe, eine Loreto-Kapelle zu erbauen". Da der Vorburgbereich bereits nach 1733 von Johann Conrad Schlaun umgestaltet wurde, dürfte es sich eher um einen Kapellenraum im Schlossgebäude gehandelt haben. Dafür spricht auch die Formulierung des von Bruder Markus veröffentlichten Schreibens des kölnischen Generalvikars F. C. von Francken-Sierstorff vom 07.01.1741 an die verwitwete Gräfin Agnes Sophia geb. Gräfin von Westerholt zu Lembeck: "... erteilt... zum geistlichen Trost und Nutzen... in der Kapelle ihres Schlosses Hovestadt an Sonn- und Feier- und Werktagen das heilige Meßopfer auf einem Tragaltar zu feiern." (S. 17).
Derartige Kapellenräume waren in größeren Burgkapellen des Mittelalters vorhanden. Zur Frage, ob in der Burg im Althoff eine Kapelle bzw. ein Kapellenraum bestanden hat, darf ich auf die Ausführungen von Albert K. Hömberg in seinen "Geschichtlichen Nachrichten, Heft 3" auf Blatt III 1 verweisen. Dort listet Hömberg die frühesten, in den "Westfälischen Urkunden-Büchern" überlieferten Urkundentexte zwischen 1231 und 1300 auf, in denen fünf Geistliche -als capellanus, dominus plebanus und sacer- dos bezeichnet- als Zeugen auftreten. A) Hömberg betitelt daher seine Ausführungen unter B) Mittelalterliche Burg mit Kapelle!
N.S.:
Die Schlosskapelle trägt das Patronat "Beata Maria V(irginis), Muttergottes von Loreto". Im Totenbrief des am 2.6.1951verstorbenen Joseph Reichsgraf von Plettenberg-Lenhausen wir dieser ... als "Ritter des Ordens von Loreto..“ bezeichnet.
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