HOVESTADT PROVINZ WESTPHALEN - REGIERUNGSBEZIERK ARNSBERG - KREIS SOEST
An der Stelle, wo das jetzige Schloss Hovestadt an der Lippe im Herzogthum Westphalen steht, erhob sich in alten Zeiten eine feste Burg und kaiserliche Pfalz desselben Namens. Die Geschichte sagt, dass Carl der Grosse dieselbe erbaut und dem Herzog Ecbert, dem Gemahl der heiligen Ida, seiner Verwandten, zum Wohnsitz übergeben habe. Von diesen beiden ist am gegenüber liegenden Ufer der Lippe die Kirche zu Herzfeld gegründet, wo auch ihre Grabstätte noch zu sehen ist. Die Burg Hovestadt erscheint schon in der älteren Geschichte immer als fürstliche Burg, und war im Besitze der Herzoge von Sachsen. Auch Heinrich der Löwe war ohne Zweifel Herr derselben. Neben der Hauptburg wurden vor und nach Burgmanns-Sitze errichtet, welche unter ändern mit Edlen von Hoberg, von Rodenberg, von Ketteler, von Mellrike, von Plettenberg, von Galen u. s. w. besetzt waren, wie aus den in späteren Lehnbriefen beibehaltenen Namen hervorgeht.
Mit dem Herzogthum Sachsen kam die Burg in den Besitz der Erzbischöfe von Köln, und wurde als Landesburg in alle Fehden derselben verwickelt, auch mehrmals eingenommen und zerstört, namentlich im Jahre 1303 vom Grafen Evert von der Mark. Sie ist wieder aufgebaut von Hermann von Plettenberg gemäss einer im Jahre 1846 mit dem Erzbischof darüber getroffenen Vereinbarung. Hermann's Sohn, Hunold von Plettenberg, erscheint 1892 als Burgmann von Hovestadt.
Während der grossen Fehde des Erzbischofes Diederich gegen die Stadt Soest (1444 — 1449) gehörten der Burginhaber (Amtmann) und die Burgmänner von Hovestadt zu den Kampfgenossen des erstem. Die Burg war ein Hauptstützpunkt für die kriegerischen Operationen desselben und, wie die Geschichte sagt, ein Dorn im Auge der Bürger von Soest.
In diesem Jahrhundert finden wir die Familie von Spiegel zum Desenberge im Besitze der Burg und des Amtes Oestinghausen, und zwar in Folge einer vom Erzbischof Ruprecht erlangten Pfandschaft. Nach dem Ableben des Jürgen von Spiegel kündigte dessen Wittwe diese Pfandschaft und hat demnächst Goswin von Ketteler dieselbe 1482 für seinen Sohn Godert angelöst, auch eine neue Pfandverschreibung vom Erzbischof Hermann mit Genehmigung des Domkapitels erhalten. Die Burgmanns-Sitze kamen gleichfalls vor und nach in den Besitz der von Ketteler und bildeten besondere vom Erzstifte relevirendo Lehne.
Als die Hauptburg und die Burgmanns-Sitze im sechszehnten Jahrhundert gänzlich verfallen waren, vereinbarte sich der Erzbischof und Churfürst Johann Gebhard von Kölln mit dem Pfandinhaber Diederich von Ketteler im Jahre 1560 dahin, dass letzterer die Hauptburg wieder aufbauen und dagegen als aufgetragenes Lehn vom Erzstifte zu Lehn empfangen solle. Das dazu nöthige Holz solle aus den Churfürstlichen Waldnugen hergegeben werden. Dem Churfürsten und seinem Gefolge wurde aber bei Tage und bei Nacht freier Eingang in die Burg (jus aperturae) vorbehalten, was 1076 zum letztenmal ausgeübt ist. Der Bau ist in den Jahren 1603—1572 ausgeführt, und dabei die Burg in das jetzige Schloss umgewandelt. Die Burgmanns-Sitze sind nicht wieder hergestellt.
Im Jahre 1050, wo mit Goswin Conrad von Ketteler die Ketteler-Hovestadt'sche Linie im Mannesstamme erlosch, kam Gottfried von Heyden zu Schönradt, welcher mit Adilia von Ketteler, der einzigen Schwester des letzten Besitzers, vermählt war, in den Besitz von Hovestadt und den zubehörigen Gütern. Ein langjähriger Rechtsstreit über die Erbfolge in die Lehngüter wurde zu seinen Gunsten entschieden.
Im Jahre 1726 überliess resp. verkaufte endlich Gottfried Friederich von Heyden, Königlich Preussischer Geheime und Regierungs-Rath, das Schloss, die Herrlichkeit und die sonstigen Lehn- und Allodial-Güter zu Hovestadt und Maklinghausen dem Reichsgrafen Friederich Bernard Wilhelm von Plettenberg zu Lenhausen, welcher auch mit den Lehngütern belehnt wurde, und in folgenden Jahren noch einige andere nahe liegende Rittergüter dazu kaufte.
Das Gesammtgut Hovestadt bildete eine Herrlichkeit, womit Patrimonial-Gerichtsbarkeit über drei Dörfer, auch mehrere Regalien, als Zoll-, Accise-, Brücken- und Wegegeld-Hebung, Juden- Vergleidung, Postrecht, Fischerei auf der Lippe und ausgedehnte Jagdrechte bis in die neuesten Zeiten verbunden waren, resp. noch sind.
Die Reichsgrafliche Familie von Plettenberg-Lenhausen ist seitdem im Besitze des Gutes, hat auch dasselbe zu ihrem Wohnsitz gewählt, und in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts das Schloss vergrössert und neue Vorgebäude und Park-Anlagen errichtet.
Der jetzige Besitzer ist der Reichsgraf Joseph Franz von Plettenberg - Lenhausen, Erbkämmerer des Herzogtums Westphalen und Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit.
|