Idas letzte Lebensjahre als Klausnerin in Herzfeld und ihr seliger Tod im Jahre 825
Die Trennung von ihrem innigst geliebten Gemahl hinter ließ gewiß eine überaus schmerzliche Wunde im Herzen Idas, wurde aber auch für sie der Anlaß, sich nunmehr ganz und gar aus dem Weltleben zurückzuziehen und sich einzig und allein dem Dienste Gottes und den Werken barmherziger Nächstenliebe zu widmen. Jesus, der göttliche Bräutigam ihrer Seele, wollte seine geliebte Braut in ungeteilter Liebe an sein Herz ziehen und zu den lichten Höhenpfaden innigster Gottvereinigung emporgeleiten. Wahrhaft bewundernswert war das Leben, das die junge Witwe, von allem Irdischen losgelöst, nunmehr führte. Geben wir den ehrfürchtigen Worten ihres Biographen Uffing Gehör, mit denen er die Lebensweise der Dienerin Gottes in den etwa 15 letzten Jahren bis zu ihrem seligen Tode schildert: „Es ist schwer zu sagen, wie sehr die heilige Ida nach dem Hinscheiden Egberts ihren zarten Körper anstrengte; denn die ganze Zeit, die sie noch auf dieser Erde lebte, brachte sie in unglaublicher und nur für wenige nachahmbarer Abtötung hin, und niemals ließ sie ab von der Verehrung Gottes. Nach den Worten des Apostels züchtigte sie ihren Leib' auf Erden und entsagte allen ungeordneten Genüssen des Gaumens und der Zunge und mied allen pomphaften Glanz, in dem sie sonst so sorgfältig erzogen war, um nur im Jenseits den Nutzen ihrer Arbeit zu erlangen." Ida trug beständig den Witwenschleier und war einfach und schlicht gekleidet. Entsprechend ihrem hohen Stande konnte sie auch über reiche Einkünfte für ihren Lebensunterhalt verfügen. Denn wenn auch die Güter ihres Mannes nach damaligem sächsischen Eherecht nach dessen Tode in den Besitz ihres jüngsten Sohnes Cobbo übergingen, so verblieben ihr doch die Einnahmen von dem „königlichen Schultenhof" in Herzfeld mit seinen etwa 50 Unterhöfen, mit denen Kaiser Karl sie belehnt hatte. Aber für sich selbst machte sie kaum Gebrauch von diesem ihrem Rechte. Und „was sie" - nach Uffings Worten - „von den Einkünften in ihrer Ehe jährlich hatte ersparen können, das legte sie durch die Verteilung an die Armen in himmlischen Vorratskammern nieder, aus Furcht, sie möchte, wenn sie wenig säte, auch wenig ernten. Darum säte sie segensreich, und hundertfach erntete sie es wieder". Ihre Wohnung nahm sie nun dauernd in einer kleinen Zelle, die sie innerhalb des „Portikus", wo Graf Egbert seine letzte Ruhestätte gefunden hatte, für sich einrichtete und nur mit den allernotwendigsten Dingen ausstattete. Von hier aus konnte sie dem Gottesdienst beiwohnen und auch ihre Seele mit dem Himmelsbrot der heiligen Eucharistie stärken. Hier konnte sie Tag und Nacht in ungestörter Einsamkeit und in unmittelbarer Nähe ihres göttlichen Erlösers im allerheiligsten Sakramente dem Gebete und der Betrachtung der himmlischen Geheimnisse obliegen. Der Allheilige allein weiß, in welche Höhenregionen der Beschauung und mystischen Gottvereinigung ihre durch Buße und Weltentsagung geläuterte Seele hier in der stillen Abgeschiedenheit ihrer Zelle vom Heiligen Geiste empor gehoben wurde. Weiter erzählt uns Uffing von ihrer übergroßen Liebe zu den Armen: „Lange vor ihrem Tode ließ sie sich bereits einen Sarg aus Stein anfertigen zur Mahnung an die unbestimmte Sterbestunde. Diesen füllte sie zweimal am Tage, solange sie noch lebte, mit Lebensmitteln und anderen Gaben bis oben hin und verteilte sie heiteren Antlitzes an Bedürftige." Gewiß war es der getreue Berethger, der sie in diesem hochherzigen Liebeswerk nach Kräften unterstützte. Er holte die Gaben zusammen und lud alle Armen und Bedürftigen, deren es in jener unruhigen und kriegerischen Zeit genug gab, zu bestimmt festgesetzten Zeiten ein, um die Gaben aus der Hand ihrer hohen Gönnerin zu empfangen.
Welch innige Dankbarkeit und tiefe Hochachtung vor der edelmütigen Frau mag wohl die Herzen aller Beschenkten erfüllt haben, und weithin in alle Lande drang der Ruhm ihrer hochherzigen Liebe und Barmherzigkeit. Der ganz in Gott lebenden Klausnerin aber war an dem Lobpreis der Menschen nichts gelegen. „Während sie dies tat", so schreibt Uffing, „war sie sorgsam darauf bedacht, das Wohlgefallen der Menge zu meiden, setzte alle ihre Hoffnung auf den Himmel und, ausgerüstet mit dem Panzer des Glaubens, fuhr sie so wie auf einem sicheren Kahn durch alle Fährnisse der Zeit hindurch, so daß sie glücklich bis zur vollendeten Liebe der Vollkommenheit, die Gott selber ist, gelangte". In diesen Jahren freiwilliger Einsamkeit soll sie nie mehr ihren Fuß außerhalb der Zelle, die sie bewohnte, gesetzt haben. So erlangte die Seele Idas, von der Gnadensonne ihres göttlichen Erlösers ganz durchstrahlt und erwärmt, bald die volle Reife wahrer Tugend und Heiligkeit. Uffing muß gestehen, daß keine menschliche Schilderungskunst darzustellen vermag, zu welchen Höhenflügen geistiger Beschauung die fromme Klausnerin „unter der äußeren Hülle ihres Leibes in der ungestörten Betrachtung des Herrn" aufsteigen konnte. Und so nahte die Stunde ihres seligen Hinscheidens heran. Als Vorboten ihrer irdischen Auflösung ließ Gott eine heftige und schmerzliche Krankheit über sie kommen. In Vorahnung ihres baldigen Todes bat Ida ihren treuergebenen Seelenführer Berethger und auch andere Diener Gottes zu sich, „damit sie in der Stunde ihres Hinscheidens ihr den Weg zum Herrn erflehten". Und sie selbst beginnt unter vielen Tränen zu beten, alle aber stimmten tiefbewegt mit ein. „Am Ende dieses frommen Gebetes wurde sie von der Bürde ihres Fleisches befreit und übergab ihren Geist ihrem Freunde Christus, um im Himmel im Verein mit den himmlischen Heerscharen ewiges Glück zu genießen." Ihr heiliger Leib wurde alsdann in den steinernen Sarg, den sie selbst für sich hatte anfertigen lassen, niedergelegt und „unter Lobgesängen auf Gott" in eben der Halle, wo ihr gleichgesinnter Gemahl, der edle Graf Egbert, bereits ruhte, und wo sie sich ganz dem göttlichen Dienste hingegeben hatte, ehrenvoll bestattet.
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