Statut für die Synagogengemeinde Hovestadt und Untergemeinde Oestinghausen
I. Abschnitt Von der Synagogen-Gemeinde zu Hovestadt überhaupt und den Mitgliedern derselben insbesondere:
§1 Nach der von der Königlichen Regierung zu Arnsberg festgesetzten und genehmigten Einteilung umfaßt der nebengedachte Synagogen-Bezirk:
1) die Bürgermeisterei Oestinghausen
2) die Ortschaften: Weslarn, Dinker, Vellinghausen, Eilmsen und Herzfeld
§2 Für neu anziehende Gemeindemitglieder beginnt die Beitragspflicht mit dem ersten Tag des nächsten auf ihren Eintritt folgenden Monats; sie erlischt für ausscheidende Mitglieder mit dem letzten Tage desjenigen Monats, in welchem dem Gemeinde-Vorstande von dem Austritte Anzeige gemacht worden ist.
§3 Von der Annahme einer Wahl in den Vorstand oder die Repräsentation, oder zum
Stellvertreter, so wie von der Übernahme eines unbesoldeten Gemeindeamts entbinden nur solche Gründe, welche gesetzlich von der Übernahme einer Vormundschaft befreien. Mitglieder der Gemeinde, welche außerhalb des Hauptortes des Synagogenbezirks und des dazu gehörigen Weichbildes wohnen, sind zu Gemeindeämtern wider ihren Willen nur in Notfällen heranzuziehen. Ob der Fall einer Notwendigkeit vorhanden, entscheidet der Vorstand, vorbehaltlich der Beschwerde, an die Königliche Regierung.
§4 Wer sich der Verbindlichkeit zur Annahme einer Wahl oder Übernahme eines Gemeindeamtes, ohne gesetzlichen Grund entzieht, kann von dem Vorstande und der Repräsentanten-Versammlung mit Genehmigung der Königlichen Regierung der Stimmfähigkeit und Wählbarkeit auf eine bestimmte nicht unter 3 Jahre zu bemessenden Zeitraum für verlustig erklärt, auch während derselben zur Zahlung eines erhöhten Beitrags zu den Gemeinde Bedürfnissen bis auf das doppelte seines gewöhnlichen Satzes herangezogen werden.
II. Abschnitt Von den Repräsentanten
§5 Die Anzahl der Repräsentanten wird auf neun und die Stellvertreter auf vier bestimmt. Ihre Wahl erfolgt nach Anleitung des §41 des Gesetzes.
§6 Die Repräsentanten und deren Stellvertreter werden auf sechs Jahre gewählt, ihre Erneuerung erfolgt nach Maßgabe des §42 des Gesetzes. Die Ausscheidenden können wieder gewählt werden, sind aber vor Ablauf von drei Jahren zur Annahme einer Neuwahl nicht verpflichtet.
§7 Die Stellvertreter treten in Behinderungsfallen, oder beim Abgang eines Repräsentanten in dessen Functionen nach Maßgabe der Stimmenzahl, die sie bei ihrer Wahl erhalten haben, ein. Scheidet ein Repräsentant gänzlich aus, so tritt der Stellvertreter als wirklicher Repräsentant auf so lange ein, als der Ausgeschiedene es selbst noch gewesen sein würde.
§8 Die Repräsentanten wählen unter sich nach Stimmenmehrheit einen Vorsteher und einen Protokollführer auf 3 Jahre, sowie für jeden derselben einen Stellvertreter. Der Vorsteher beruft die Versammlungen und führt darin den Vorsitz. Er trägt die Gegenstände der Beratung vor, oder läßt sie nach vorheriger Verteilung, durch einzelne Mitglieder vortragen; er sammelt die Stimmen und sorgt für die richtige Abfassung des Beschlusses; er hat dahin zu sehen, daß nichts wider die Rechte des Staats und die Verfassung der Corporation beschlossen wird. Die ausgefertigten Beschlüsse reicht er dem Vorstande ein.
§9 Der Protokollführer hat die Beschlüsse der Repräsentanten in das dafür anzulegende Protokollbuch einzutragen und die nötigen Ausfertigungen zu besorgen. Diese sowohl die Protokolle sind von dem Vorsteher, dem Protokollführer und zwei Repräsentanten zu unterschreiben. Aus jedem Beschluß und jeder Ausfertigung müssen die Namen der bei der Abschlußfassung anwesenden Mitglieder vollständig ersichtlich, auch jedesmal angegeben sein, aus wie viel Mitgliedern die Repräsentanten-Versammlung besteht.
§10 Nur mit gegründeten Entschuldigungen dürfen Repräsentanten oder deren einberufenen Stellvertreter aus den Versammlungen weg bleiben. Die Verhinderungsgrunde sind dem Vorsteher so zeitig anzugeben, daß derselbe zur Einladung der erforderlichen Stellvertreter noch Zeit behält. Ob die Entschuldigung genügt, hat der Vorsteher und wenn der beteiligte sich dabei nicht beruhigt, die Versammlung zu entscheiden.
§11 Für den Fall unentschuldigten Ausbleibens, für den Gebrauch ungenügender oder falscher Entschuldigungen, für zu spätes Erscheinen oder ungebührliches Benehmen in den Sitzungen und für ähnliche Ordnungswidrigkeiten kann die Versammlung Strafen bis zu drei Talern, welche zur Corporations-Kasse fließen unter Genehmigung des Vorstandes festsetzen.
§12 Der Verlust der, im §41 des Gesetzes bezeichneten Erfordernisse der activen Wahlfähigkeit zeigt den Verlust der Eigenschaft als Repräsentant nach sich. Außerdem geht dieselbe auch verloren: a) wenn ein Mitglied der Repräsentanten unter Vormundschaft oder Curatel gestellt wird, b) wenn derselbe in Concours gerät.
Die Functionen eines Repräsentanten sind suspendiert, sobald derselbe wegen eines Vergehens oder Verbrechens zur Criminal-Untersuchung gezogen wird, welches in den bestehenden Strafgesetzen mit dem Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte bedroht ist.
§13 Der Gemeinde-Vorstand besteht aus drei Mitgliedern, welche Vorsteher heißen und aus zwei Stellvertretern, welche bei Verhinderung eines Vorstandmitgliedes nach Maßgabe der bei der Wahl gehabten Stimmenzahl einberufen werden. Beim gänzlichen Ausscheiden eines Vorstandsmitgliedes tritt der Stellvertreter auf so lange ein, als der Ausgeschiedene noch im Amte gewesen sein würde.
§14 Der Vorstand wählt unter sich ein Präses auf drei Jahre. Derselbe hat die Geschäftsleitung, er erbricht und präsentiert alle an die Synagogen-Gemeinde eingehenden Sachen und bearbeitet entweder selbst oder überträgt ihre Bearbeitung einzelnen Vorstandsmitgliedern; er beraumt die erforderlichen Sitzungen an, und sorgt für Aufrechthaltung der Ordnung in denselben. Er leitet und schließt die Discussionen und veranlaßt die Abstimmung; er ist berechtigt, die Sitzung aufzuheben, wenn seinen auf Erhaltung der Ordnung gerichteten Anordnungen keine Folge geleistet wird. In Verhinderungsfällen geht der Vorsitz auf das älteste Vorstandmitglied über.
§15 Der Vorstand hat Sorge zu tragen, daß alle nach §42 erforderlichen Neuwahlen mindestens drei Monate vor dem Ablaufe der Amtszeit der zum Ausscheiden bestimmten Mitglieder des Vorstandes oder der Repräsentation stattfinden. Die Ausscheidenden können wieder gewählt werden, brauchen jedoch vor Ablauf von drei Jahren ein neues Gemeindeamt nicht anzunehmen. Sie sind gehalten, ihr Amt jedenfalls bis zur Einführung der Neugewählten fortzuführen.
§16 Die Wahl in den Vorstand ist auf die in dem Hauptorte der Synagogengemeinde und in Herzfeld, Ostinghausen und Oestinghausen wohnenden Mitglieder zu beschränken. Reisekosten werden nicht bewilligt.
IV. Abschnitt Von den Geschäfts-Verhältnissen des Vorstandes und der Repräsentanten-Versammlung
§17 Die Veranlassung zur Abfassung eines Beschlusses in Gemeindeangelegenheiten, kann sowohl vom Vorstande als von den Repräsentanten ausgehen. Auch die vorgesetzte Behörde kann eine Beschlußfassung über Gemeindeangelegenheiten anordnen.
§18 Der Gemeinde-Vorstand hat die Befugnis, eines oder einige seiner Mitglieder zur Versammlung der Repräsentanten abzuordnen, um über einen der Repräsentanten-Versammlung vorgelegten Antrag mündlich näher Auskunft zu erteilen und die Gründe für denselben näher zu entwickeln. Ebenso kann die Repräsentanten-Versammlung verlangen, daß in einzelnen Fällen zu ihren Sitzungen eines oder einige Mitglieder des Gemeinde Vorstandes abgeordne werden. Auch hat die Repräsentanten-Versammlung die Befugnis und die Pflicht, eines oder einige ihrer Mitglieder zur Erläuterung ihrer Beschlüsse in die Versammlungen des Gemeidevorstandes zu deputieren, der Abgeordnete darf jedoch bei der Abstimmung nicht zugegen sein.
§19 Die das Kultuswesen betreffenden inneren Einrichtungen -§51 des Gesetzes- werden in gemeinschaftlichen Versammlungen des Vorstandes und der Repräsentanten beraten, die Beschlußfassung findet demnächst gesondert statt. Kommt eine Vereinigung nicht zu Stande so gebührt die Entscheidung der Synagogen-Gemeinde. Von den gefaßten Beschlüssen ist der Königlichen Regierung vor der Ausführung Kenntnis zu geben.
§20 Auf dem, im vorstehenden Paragraphen bezeichneten Wege, kann auch eine besondere, für die Gemeinde verbindliche Synagogen-Ordnung erlassen, und darin über die bei dem öffentlichen Gottesdienste und den sonstigen religiösen Feierlichkeiten zu befolgende Ordnung, über Benutzung der Synagogenstände!, des Begräbnisplatzes und sonstiger dahin gehöriger Gegenstände Bestimmung getroffen, und dem Übertretung mit einer Strafe bis zu zwei Talern bedroht werden, welche zur Hovestädter israelitischen Armen-Kasse fließt.
V. Abschnitt Von dem Kassen- und Rechnungswesen der Gemeinde
§21 Der Rendant der Gemeinde wird von dem Vorstande in Gemäßheit des §45 des Gesetzes gewählt, und muß auf Verlangen eine seiner Jahreseinnahmen entsprechende Kaution bestellen. Kein Gemeindemitglied ist zur unentgeldlichen Übernahme der Rendantur gehalten. Die Verwaltung der Rendantur kann auch mit Genehmigung der Königlichen Regierung dem betreffenden Comunal-Erheber oder einem anderen öffentlichen Kassen-Beamten übertragen werden.
§22 Alljährlich im Monat Februar schließt der Rendant sein Einnahme- und Ausgaben-Journal ab, welches sodann von dem Vorstande mit dem dazu gehörigen Belegen und Rechnungen der Repräsentanten-Versammlung vorzulegen ist. Die letztere erwählt aus ihrer Mitte 2 Revisoren, die die Rechnungen und Bücher des Rendanten zu revidieren und über den Befund der Repräsentanten-Versammlung Vortrag zu halten haben. Sind die gemachten Monita erledigt, so ist dem Vorstande von der Repräsentanten-Versammlung darüber Decharge zu erteilen, der sodann wiederum den Rendanten dechargiert
§23 Sämtliche nach dem Etat aufzubringende Gemeindebedürfnisse werden nach den Bestimmungen der Verordnung vom 30. Juni 1845 über die executivische Beitreibung der direkten Steuern etc. in der Provinz Westfalen beigetrieben.Einnahmenreste zu deren Beitreibung die gesetzlichen Zwangsmittel nicht angewendet worden sind, fallen dem Rendanten zur Last. Der Vorstand hat über alle dem Rendanten erteilten Einnahmen-Orders eine Controlle zu führen.
§24 Der Vorsitzende des Vorstandes hat mindestens dreimal jährlich eine Kassenrevision abzuhalten und sich dabei von dem ordnungsmäßigen Geschäftsbetriebe des Rendanten zu überzeugen.
VI. Abschnitt Von dem Gemeindebedarf und dem Abgabewesen
§25 Die Kosten des Kultus und die übrigen Bedürfnisse der Synagogengemeinde, werden eine auf drei Jahre angelegten, von der Königlichen Regierung zu genehmigenden, Etat festgesetzt und auf die einzelnen Mitglieder der Gemeinde nach Verhältnis der Einkommen-Klasse und Grundsteuer, soweit solche Grundstücke betrifft, die in der Gemeinde liegen, wo das betreffende Mitglied wohnt, umgelegt. Es dienen hierbei die Staatssteuerlisten zur Grundlage. Nachdem von dem Vorstande und den Repräsentanten ermittelt, welche Kostensumme zur Bestreitung sämtlicher Bedürfnisse während der Etatsperiode von Jahr zu Jahr erforderlich ist, wird darüber eine Heberolle gefertigt und solche von der Königlichen Regierung für executivisch erklärt, worauf die einzelnen Beiträge für das betreffende Jahr von den einzelnen Beitragspflichtigen gleich den Staatssteuern im Verwaltungswege eingezogen werden.
§26 Die Hegberolle muß während dreier Wochen zur Einsicht der beitragenden Gemeindemitglieder in einem, demselben bekannt zu machenden Local ausgelegt werden. Reclamationen gegen die darin enthaltenen Ansätze, bei deren Anbringung die Vorschriften des Gesetzes über Verjährungsfrist öffentlicher Abgaben vom 18. Juni 1840 zur Anwendung kommen, sind bei dem Vorstande anzubringen, von diesem zu begutachten und binnen 4 Wochen der Regierung zur Entscheidung vorzulegen.
VII. Abschnitt Von dem Unterrichtswesen
§27 Durch übereinstimmenden Beschluß des Vorstandes und der Repräsentanten können die Bedürfnisse für die, innerhalb der Gemeinde bestehenden jüdische Privatschulen in den Etat aufgenommen und gleich den übrigen Abgaben im Verwaltungswege beigetrieben werden. Es können jedoch mit Rücksicht auf §60 und 61 des Gesetzes zu diesen Beiträgen nir diejenigen Mitglieder herangezogen werden, welche die jüdische Privatschule für ihre Kinder wirklich benutzen, und steht diesen jederzeit frei, sich der Beitragspflicht durch Austritt aus der Schulgesellschaft zu entziehen.
VIII. Abschnitt Von der Anstellung und Wahl der Kultus-Beamten
§28 Die Gemeinde stellt folgende Kultusbeamten an: 1. einen Vorsänger Die Wahl desselben erfolgt durch den Vorstand und die Repräsentanten-Versammlung.
§29 Die Art und Weise der Anstellung und ob dieselbe lebenslänglich oder auf Kündigung erfolgt, die Höhe des Gehaltes und der etwaigen Pension bestimmen die Repräsentanten. Der Vorstand hat demgemäß den Contract mit dem gewählten Beamten abzuschließen.
IX. Abschnitt Von den im Synagogen. Bezirke bestehenden Untergemeinden
§30 Es besteht innerhalb des Synagogenbezirks eine Untergemeinde zu Oestinghausen, zu welcher die in der Ortschaft Oestinghausen wohnenden jüdische Einwohner gewiesen sind. Dieselben hat ihre eigene Synagoge, einen eigenen Begräbnisplatz und stellt folgende Kultus-Beamte an: a: einen Kantor
§31 Die Mitglieder der Untergemeinde zu Oestinghausen tragen ihre Kultuskosten und sonstigen speziellen Bedürfnisse allein und ohne Concurrenz der Hauptgemeinde brauchen dagegen aber auch zu den speziellen Bedürfnissen der Hauptgemeinde ihrerseits nichts beizutragen. Zu den allgemeinen Verwaltungskosten und sonstigen die ganze Korporation angehenden Bedürfnissen haben sie gleich den Mitgliedern der Hauptgemeinde beizutragen. Durch Beschluß der Repräsentanten und des Vorstandes kann dieser Beitrag für die Steuer einer Etats-Periode fixiert werden. In dem Etat der Hauptgemeinde bildet der Etat der Untergemeinde eine besondere Abteilung.
§32 Die Mitglieder der Untergemeinde wählen unter sich nach Stimmenmehrheit einen Vorsteher und Stellvertreter desselben. Der Vorsteher ist das Organ, dessen sich der Synagogen-Vorstand in seinen amtlichen Beziehungen zur Untergemeinde zu bedienen hat. Er führt unter Aufsicht des Synagogen-Vorstandes die unmittelbare Verwaltung der Untergemeinde und die Aufsicht über die Kultus-Beamten derselben. Er sorgt für Aufrechthaltung der Ordnung in den gottesdienstlichen und sonstigen Versammlungen und bringt etwaige Rügen und Beschwerden zur Entscheidung des Synagogen-Vorstandes, an dessen Sitzungen er ohne Stimmrecht teil zu nehmen berechtigt ist. Der Vorsteher kann auch gleichzeitig das Amt eines Rendanten für die Untergemeinde verwalten oder es kann ein besonderer Rendant für die Untergemeinde bestellt werden. Die Bestellung derselben gebührt dem Synagogen-Vorstande.
X. Abschnitt Allgemeine Bestimmungen
§33 Wird die Einladung sämtlicher Mitglieder der Synagogengemeinde zur Fassung eines gemeinschaftlichen Beschlusses oder Vornehmen einer Wahl erforderlich, so muß dieselbe in der Synagoge an zwei aufeinander folgenden Sabbathen während des Haupt-Gottesdienstes durch den Geistlichen der Gemeinde, oder ein Mitglied des Vorstandes vorgelesen werden. Die Einladung muß den Gegenstand, über welche beschlossen werden sott, sowie Zeit und Ort der Versammlung angeben.
§34 Über die geschehene Vorlesung hat der Synagogenvorstand, sowie der Vorsteher der Untergemeinde ein Attest auszustellen, welches von Inhalt der Einladung, sowie die Tage an denen dieselbe verlesen werden, angeben muß. Ein solches Attest hat volle Beweiskraft.
Hovestadt am 5. März 1855 Der Vorstand: Die Repräsetanten: gez.: Hein. Spiegel Simon Speyer M. Rosenberg D. Neukamp Levy Stern Herz Stern Meyer Spiegel Abraham Löwenstein A. Neukamp
Vorstehendes Statut für die Synagogen-Gemeinde zu Hovestadt wird hiermit bestätigt.
Münster, den 7. Januar 1856
Es befinden sich in der Synagogen-Gemeinde Hovestadt (mit Ausnahme von Oestinghausen)
insgesamt: 141 Personen Von diesen sind männlichen Geschlechts: 75 Personen Von diesen sind weibl. Geschlechts: 66 Personen
Die Synagoge wird besucht von 70 bis 90 auch wohl 100 Personen.
Hovestadt, den 25. Juli 1871
Nachdem in Gewißheit der Verfügung der Königlichen Regierung vom 15, .Mai 1871 (A.Ib) 1710 die Synagogen-Gemeinde Hovestadt, welcher letzteren die Synagogengemeinde Oestinghausen mittelst Statut vom 5.3.1855 als Untergemeinde zugeteilt war, aufhört eine Hauptgemeinde zu bilden, so ist es unser Wunsch in gleicher Eigenschaft der Synagogengemeinde Soest unter Zugrundelegung nachfolgender Statuten zugeteilt zu werden:
§1 Die Synagogen-Untergemeinde Oestinghausen zu welche die in der Ortschaft Oestinghausen wohnenden jüdischen Einwohner gewiesen sind, bilden eine Untergemeinde der Haupt-Gemeinde Soest.
§2 Die Untergemeinde hat ihre eigene Synagoge, einen eigenen Begräbnisplatz und stellt einen eigenen Kultus-Beamten an, nämlich einen Cantor.
§3 Die Mitglieder der Untergemeinde Oestinghausen tragen ihre Kultus-Kosten und sonstigen speziellen Bedürfnisse allein uns ohne Konkurrenz der Hauptgemeinde, brauchen dagegen aber auch zu den speziellen Bedürfnissen der Hauptgemeinde ihrerseits nichts beizutragen. Zu den allgemeinen Verwaltungskosten und sonstigen die ganze Corporation angehenden Bedürfnisse haben sie gleich den Mitgliedern des Hauptgemeinde beizutragen. Durch Beschluß des Repräsentanten und des Vorstandes kann dieser Beitrag für die Dauer eines Etatsperiode fixiert werden. In dem Etat der Hauptgemeinde bildet der Etat der Untergemeinde eine besondere Abteilung.
§4 Die Mitglieder der Untergemeinde wählen unter sich nach Stimmenmehrheit einen Vorsteher und Stellvertreter desselben. Der Vorsteher ist das Organ, dessen sich der Synagogen-Vorstand in seinen amtlichen Beziehungen zur Untergemeinde zu bedienen hat. Er führt unter Aufsicht des Synagogen-Vorstandes die unmittelbare Verwaltung der Untergemeinde und die Aufsicht über die Kultus-Beamten derselben. Er sorgt für Aufrechthaltung der Ordnung in den gottesdienstlichen und sonstigen Versammlungen und bringt etwaige Rügen und Beschwerden zur Entscheidung des Synagogen-Vorstandes, an dessen Sitzungen er ohne Stimmrecht teil zu nehmen berechtigt ist. Der Vorsteher kann auch gleichzeitig das Amt eines Rendanten für die Untergemeinde verwalten oder es kann ein besonderer Rendant für die Untergemeinde bestellt werden. Die Bestellung derselben gebührt dem Synagogen-Vorstande.
§5 Wird die Einladung sämtlicher Mitglieder der Synagogengemeinde zur Fassung eines gemeinschaftlichen Beschlusses oder Vornehmen einer Wahl erforderlich, so muß dieselbe in der Synagoge an zwei aufeinander folgenden Sabbathen während des Haupt-Gottesdienstes durch den Geistlichen der Gemeinde, oder ein Mitglied des Vorstandes vorgelesen werden. Die Einladung muß den Gegenstand, über welche beschlossen werden soll, sowie Zeit und Ort der Versammlung angeben.
§6 Über die geschehene Vorlesung hat der Synagogenvorstand, sowie der Vorsteher der Untergemeinde ein Attest auszustellen, welches von Inhalt der Einladung, sowie die Tage an denen dieselbe verlesen werden, angeben muß. Ein solches Attest hat volle Beweiskraft.
§7 Im übrigen finden die §1 - §29 des Statuts der Synagogengemeinde Soest vom 1. November 1855 sowie dieselben für die Untergemeinde Coerbecke Geltung haben, auch für die Untergemeinde Oestinghausen Anwendung. Vollzogen gez.: Neukircher, Stern
Reglement als
Nachtrag zu den Statuten für die Synagogen-Gemeinde zu Soest vom 16. November 1855
Nachdem der Vorstand und die Repräsentanten der Synagogen-Gemeinde Soest der nach Maßgabe des § 50 des Gesetzes vom 23. Juli 1847 von ihnen geforderten Entwurf über die nötig gewordene Vervollständigung des Gemeinde Status innerhalb der ihnen dafür vorgeschriebenen Frist nicht eingereicht haben, werden folgende nachträgliche Bestimmungen zu den Gemeinde-Statuten vom 16. November 1855 auf Grund des §50 des Gesetzes vom 23, Juli 1847 im Wege des Reglements hierdurch für die Synagogengemeinde Soest von uns erlassen.
1. Nach der von uns auf Grund des §36 des Gesetzes vom 23. Juli 1847 unterm 8. August getroffenen Verfügung ist der bisher selbstständige Synagogenbezirk Hovestadt, welcher die Bürgermeisterei Oestinghausen als Untergemeinde und die Ortschaften Weslarn, Dinker, Vellinghausen und Herzfeld umfaßte, als solcher aufgehoben und dem Synagogenbezirk Soest zugelegt. In diesem zugelegten Bezirke bilden die jüdischen Einwohner in den Gemeinden Hovrestadt, Weslarn, Dinker, Vellinghausen, Eilmsen und Herzfeld, sowie die im Amte Oestinghausen mit Ausschluß der Ortschaft Oestinghausen eine Untergemeinde zu der Haupt-Gemeinde Soest unter der Bezeichnung: Untergemeinde Hovestadt und die jüdischen Einwohner in der Ortschaft Oestinghausen eine zweite neue Untergemeinde zur Haupt-Gemeinde Soest.
2. Beide neue Untergemeinden treten zu der Hauptgemeinde Soest in das durch die Vorschriften im Abschnitt IX des Status für die Synagogen-Gemeinde Soest vom 16. November 1855 (§30-32) geregelte Verhältnisse finden auf sie sowohl diese als alle übrigen Bestimmungen des eben erwähnten Statuts für die Synagogen-Gemeinde Soest Anwendung.
3. Diese Bestimmungen treten mit dem heutigen Tage in Kraft. Arnsberg, den 30. September 1871 Königliche Regierung Abteilung des Innern gez.: Keßler
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