Zwischen dem vorgenannten „Althofe“ und der jetztigen Burg Hovestadt besteht eine gewisse, geschichtliche Beziehung. Es sind nämlich die mit demselben von Werden belehnt – wenigstens in den letzten Jahrhunderten – zugleich Inhaber der Burg Hovestadt; auch dürfte in diesem Lehngute ein Hauptgrundbesitz der Burg gelegen haben. Im übrigen liegt die Geschichte der Burg – in der ältesten Zeit vornehmlich – recht dunkel und wirr; auch von Steinen giebt uns keine befriedigende Lösung – Historisch unrichtig zunächst ist, dass Abdinghof zu Hovestadt eine Besitzung (die Burg!) genossen habe; wohl aber sind von ihm lehnrührig die nordlippischen Besitzungen: Honsel (Pfr Lippborg) und Kesseler.
Die Inhaber dieser Güter waren nun zugleich erzbischöfliche Burgherren zu Hovestadt, so dass sich danach die Konfundierung v. Steinens erklärt; er setzt nämlich aus diesem Faktum auch ein ausgeübtes Lehnsrecht seitens des Klosters – für Hovestadt – voraus.
Doch kehren wir zu den ersten Anfängen der Burg Hovestadt zurück.
Es lässt sich durch politische, geschichtliche Argumente zunächst nicht nachweisen, dass Herzog Egbert hier eine Burg erbaut und bewohnt habe; freilich spricht dafür gern die Tradition, welche dann auch in viele Geschichtswerke übergegangen ist. Gleichfalls bleibt unerwiesen, dass schon gleich nach den Einfällen der Ungarn – seit Anfang des 10. Jahrhunderts – hier eine schützende Burg entstanden sei.
Urkundlich besteht dagegen zu Hovestadt eine Landesburg des Erzbischofes von Köln seit der Mitte des 13. Jahrhunderts; auf welchem Territorium sie errichtet sei – einem Stück des „Althofes“ oder eines erzbischöflichen Haupthofes – zeigen die Quellen meines Wissens nicht.
Notorisch begegnen uns seitdem die erzbischöflichen „Burgmänner“, castrenses, castellani, zu Hovestadt. Die Burg trug stetsfort den Charakter einer gut befestigten, angesehenen Landesburg, mit welcher auch das Drostenamt und „Halsgericht“ verbunden erscheint.
In dieselbe legte der Erzbischof für ein Burglehn seine Kriegsleute, die „Burgmänner“, meißt kleinere Adlige; sie bezogen die im Burgringe erbauten (sieben) Burgmannswohnungen. Naturgemäß ward so die Landesburg zum Kriegsschauplatz.
Im Jahre 1202 giebt Erzbischof Ludwig von Köln den Soestern das Versprechen, ihnen den Schaden, den sie während der Fehde zwischen ihm und den Burgbewohnern von Hovestadt erlitten, in Monatsfrist zu ersetzen. Zwischen Berthold von Tunen zu Hamm, den Burgbewohnern der Mark und Hunold von Plettenberg, Offiziat zu Hovestadt, fand dann 1301 ein „Konflikt“ statt; - 1303 belagert, erobert und zerstört Graf Eberhard von der Mark die Burg. Erzbischof Wichold stellt sie jedoch fest wieder her – restaurat et firmat -; allein noch im selben Jahr wird Eberhard sie wohl wieder zerstört haben.
Um 1346 ist sie total verwüstet. Dem Ritter und Schultheißen Hermann von Plettenberg trägt nämlich Erzbischof Wolfram auf, „eyn steynen Huys“ mit Wällen und anderen Befestigungen zu Bauen. Notoriich erscheint um 1381 die Burg stark befestigt und in Ansehen. Bischof Theodorich von Osnabrück schließt frei mit den Burgbewohnern ein Bündnis; ihm waren schon Hermann Graf von Lippe, Otto von Rietberg und auch andere Dynasten vorausgegangen. Otto – Münsterischer Bischof -, unterstützt vom Grafen simon von der Lippe, belagerte Hovestadt; der Erzbischof musste es halb an ihn – für seine Burgmänner – abtreten. Noch um 1562 wird das Haus Hovestadt mit „Türmen, Wällen und Gräben“ verzeichnet.
Als älteste Inhaber Hovestadts – erzbischöfliche Burgherren – sind uns die von Oldendorp überkommen, welche Hovestadt – ohne den „Althof“ – mit Honsel und Kesseler besaßen. Nach ihnen – ausgestorben vor 1376 – erscheint die Burg im Besitz derer von Plettenberg, im 15. Jahrhundert der von Spiegel zum Desenberg. Ihnen folgten die von Ketteler, welche von Werden seit 1352 schon mit dem „Althof“ belehnt sind (1496 nicht mehr), von Abdinghof mit Honsel und Kesseler.
Um 1650 gelangte es an Gottfried von Heiden zu Schönrad, dessen Nachkommen es 1730 an den Reichsgrafen von Plettenberg-Lehnhausen für 180.000 Thlr. Verkauften. Nach dem Tode der Witwe von Heiden – der die Abnutzung zustand – nahm er es 1733 in Besitz.
Noch gebe ich die bauliche Notiz über die jetztige Burg; an die Stelle der umfänglichen, zahlreichen Burgmannshöfe und Wohnungen sind längst die Wirtschaftsgebäude und moderne Parkanlagen getreten.
Im Jahre 1560 war die Burg wieder gänzlich zerfallen. Der damalige Inhaber von Ketteler, dem der Kurfürst sogar mit kostenfrei angefahrenem Bauholz half, vollzog innerhalb 9 Jahren, von 1563 – 1572, den Neubau.
Der Bauherr war eine damals sehr gesuchte Persönlichkeit, nämlich Laurenz von Brachum, (später) Bürger zu Wiedenbrück, der bald als Maurermeister, bald als Baumeister, bald als Steinmetz in den Rechnungen auftritt; 1564, heißt es, wurden ihm, weil er etliche Male von der Geist (bei Ölde oder bei Münster) auf Begehren nach Hovestadt kam, 4 Reichsthaler entrichtet. Er enthielt sonst an Arbeitslohn 7 8br. (à 10 Pf.), als Jahrgeld 8 Tonnen Biers à 1 Rchsthlr., 3½ 8br., 20 (kleine) Scheffel Roggen à ½ Rchsthlr., 4 fette Schweine zu 11 Rchsthlr., dazu 1566 für einen Mantel 4 Ellen Tuch à 20 8br. Und 4 Ellen Futter a 4 8br.
Er arbeitete im ersten Jahre mit 18 bis 27 Gesellen, von denen jeder täglich 5¼ 8br. erhielt, und mit einem Jungen, der 4 8br. bekam. Der Meisterknecht Johann von Coesfeld erhält 5 8br. und 2 Quart Bier à 3 Pf.
Als Gesellen stehen ihm namentlich zur Seite: Hermann von Münster, Hermann von Aldensell ( Oldenzaal);
Als Steinmetzen: Ebert und Egbert von Münster, Johann und Dierich von Münster, Wessel von Münster, Johann von Bielefeld, Jürgen Baecksmanns, Bernt von Soest, Jakob und Tönies von Minden, Dierich von Wesel und Tönies von Billerbeck.
Als Maler wirkte an dem Neubau: Meister Jost von Hervede mit dem Gesellen Albert und einem Jungen.
Und als Glasmacher: Meister Claus Gerdingk von Münster.
Man hört, ein tüchtiger Meister hatte einen großen Bau unter Händen, an bunter Zier verwandt dem Schlosse Assen bei Lippborg, das auch jedenfalls von Laurenz von Brachum aufgeführt wurde. Die auffällige Zahl von münsterschen und münsterländischen Steinmetzen, die dekorativen Steinarbeiten aus baumberger Brüchen, welche mehrfach den Bauten um Soest zukommen, können uns einen Fingerzeig geben, welch’ eine Rolle damals die münsterischen Werkleute mit dem schönen und bildungsfähigen Material weithin über das nächste Absatzgebiet gespielt haben.
Aus: Joseph Herold - Die tausendjährige Geschichte des Gemeinwesens Herzfeld 1886
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