Im Verzeichnis des zu schützenden Kulturgutes in der Gemeinde Wadersloh - aufgestellt vom Westfälischen Landesamt für Denkmalpflege in Münster - beginnt die Beschreibung des als Denkmal ersten Ranges eingestuften Hauses Heerfeld wie folgt:
»Sehr alte, großzügige Gräftenhofanlage; ein Teil der Gräfte zugeschüttet...«
Diese Bezeichnung wird der Vergangenheit des Hauses nicht ganz gerecht. Haus Heerfeld war nämlich früher kein Bauernhof, sondern bis in die Neuzeit hinein ein freiadeliges Gut und als solches landtagsfähig. Es war also kein Lehnsgut.
Nach der Neueinteilung der Bauerschaften im Laufe des 16. Jahrhunderts gehörte der Rittersitz zur Bauerschaft Suderlage, in welcher eine ganze Anzahl mittelalterliche Bauerschaften aufgegangen sind (wie z. B. die Bauerschaft Rikelingtorpe und Teile der Bauerschaft Waltrup). Seitdem liegt der Adelssitz an der Ostseite der Bauerschaft Göttingen. Vorher lag er in der Bauerschaft Heerfeld.
Die Geschichte des Hauses geht weiter zurück als die älteste der am heutigen Haupthaus angebrachte Jahreszahl -1597- vermuten läßt.
1194 werden in einer Urkunde des Liesborner Abtes Engelbert die Brüder »Albertus« und »Arnoldus de Hervelde« genannt. Im Jahre 1328 schlichtet der Edelherr Bernhard von der Lippe als Vogt des Klosters Liesborn einen Streit zwischen der Abtei Liesborn und »Henricus de Hervelde« bezüglich des Oberhofes Aden (heute Steinhoff, nordwestlich der Abtei Liesborn) und die Hufen Uphusen (heute Nuphaus) und Vechteler. 1251 bestätigt der Bischof der Diözese Münster, Otto II. von Lippe, den Erwerb von Zehnten zu Gronhorst im Kirchspiel Wadersloh und zu Böntrup im Kirchspiel Liesborn durch das Kloster Liesborn. Den Zehnten zu Gronhorst hatte einst der Bischof seinem Ministerialen Gerhard, genannt Bruno, als Lehen gegeben. Von diesem erhielt »Theodoricus de Hervelde« den Zehnten, der ihn an seinen Sohn Hermann weitergab. Am 21. März 1298 wird Konrad von Heerfeld als Richter des Edelherrn von Lippe genannt. Von 1321 bis 1343 ist Bernhard von Heerfeld als Freigraf (Richter) des Edelherrn Simon I. von Lippe am Freistuhl in der Nähe des Klosters Cappel (etwa vier Kilometer südöstlich vom Kloster Liesborn) bezeugt. Als Freigraf der Lipper führt er die Lippische Rose im Wappen, während das Familienwappen der Heerfelder einen Helm zeigt. Der Freistuhl zu Cappel war u. a. auch für die Liesborner Bauerschaft Suderlage zuständig.
Wappen der Geschlechter, die mit der Geschichte des Hauses Heerfeld eng verknüpft sind. Von links nach rechts: Ritter von Heerfeld - Freiherren von Lürwald (letzte adelige Bewohner) - Grafen von Plettenberg (heutige Eigentümer)
Am 2. Mai 1377 stifteten die Knappen Georg und Wilhelm Loyf der Kapelle zu »Hervelde« eine Rente aus dem Henkenhaus »to Hervelde«. Bei dieser Kapelle dürfte es sich um die Burgkapelle von Haus Heerfeld handeln, wo die Ritterfamilie von Heerfeld auch vermutlich ihr Erbbegräbnis hatte. 1510 ging Haus Heerfeld an die Herren Vogt von Elspe über. Diese ließen das Gut durch Verwalter bewirtschaften. 1646 nahm Henrich Philipp Vogt zu Elspe, Herr zu Heerfeld und Waldmannshausen, das Rittergut Heerfeld in Besitz. Vom 17. Jahrhundert ab sind die Herren von Lürwald als Eigentümer des Hauses bezeugt.
Am 12. Dezember 1694 kauft Wilhelm Ahlardt von Lürwald vom Liesborner Abt Anselm Langen ein Erbbegräbnis in der St.-Georg-Kapelle in Liesborn-Göttingen. Am 17. März 1716 schließt Wilhelm Philipp Ahlhard von Lürwald mit dem Liesborner Abt Greogor Waltmann einen Vertrag über den Verkauf bezüglich seines »freiadligen Hauses, Hofes und Gutes Herrfeldt«. In der betreffenden Urkunde erklärt der Verkäufer dem Abt sein Rittergut mit allen Ländereien, den Fischereirechten sowie den leibeigenen Bauern und Köttern für 16000 Reichstaler zu verkaufen. Im Vertrag wird dem Verkäufer ein Nießbrauchsrecht zugestanden. Am 24. Oktober 1716 erklären beide Vertragspartner den Vertrag für nichtig. 1728 kauft der 1724 in den Grafenstand erhobene Friedrich Bernhard Wilhelm Graf von Plettenberg das Gut. Zwei Jahre zuvor hatte er erst den Rittersitz Hovestadt erworben. Von diesem Zeitpunkt an (1728) bewohnten nur noch Pächterfamilien das Liesborner Rittergut.
Von den heutigen Gebäuden des Hauses Heerfeld ist das Haupthaus mit seinem L-förmigen Grundriß das älteste. Im Wirtschaftsgiebel befindet sich ein rechteckiges Deelentor mit den Datierungen 1597, 1721, 1770, 1899. Das Giebelfeld ragt über einem aufwendig geschnitzten Balken vor. Im Giebelfeld ist über dem Deelentor eine alte Sonnenuhr angebracht. Das Fundament dieses Gebäudeteiles ist aus Bruchsteinen errichtet, die Giebelwand verputzt. Der massive Wohnteil ist durch ein Chronogramm für 1874 datiert. Die Stallgebäude auf dem ehemaligen Vorburggelände in Ziegelbauweise wurden um 1875 errichtet. Sie passen sich der Gesamtanlage gut an. Im Innenhof ist zum Teil noch eine alte Pflasterung zu finden. Leider ist der Zustand des Rittergutes, wie das Landesdenkmalamt feststellte, nur sehr mäßig, da mindestens seit zwei Jahrzehnten keine Renovierungarbeiten mehr vorgenommen worden sind. So befinden sich auch die Dächer in sehr schlechtem Zustand.
Zum Schluß sei mir noch eine Anmerkung zum Namen Heerfeld erlaubt. Sollte dieser Name eventuell mit einer Schlacht während der Sachsenkriege zusammenhängen? Eine solche Kampfhandlung soll in der dortigen Gegend stattgefunden haben und soll zum Bau einer Gedächtniskapelle für die Gefallenen in Cappel geführt haben. Der Liesborner Benediktinerpater Bernhard Witte berichtete in seiner Chronik hiervon. Oder ist der Name gar ein Hinweis auf die Varusschlacht, die möglicherweise im südlichen Teil des Kreisgebietes stattgefunden hat? Klären kann diese Fragen letztlich nur die Spatenforschung.
Quellen:
Staatsarchiv Münster, Kloster Liesborn Akten Nr. 184. Witte, Bernardus: Historia antiquae ocddentalis Saxoniae, seu nunc Westphaliae (geschrieben zwischen 1490 und 1530) Druck: Münster 1778. Besitzerfolge des Hauses Heerfeld, zusammengestellt von Heinrich Terhaar, Bad Waldliesbom, in dem Band Genealogien der Bauerschaf t Suderlage, Pfarrarchiv Liesborn. Schmieder, Siegfried: Die Urkunden des Klosters Liesborn, Band l, Teil I und II, Quellen und Forschungen zur Geschichte des Kreises Beckum, Band 3 und 4, Beckum 1969/1970. Spiessen, Max von: Wappenbuch des westfälischen Adels, 2 Bde, Görlitz 1901-03.
Haupthaus des ehem. Rittergutes Heerfeld im heutigen Zustand
Aus: Heimatkalender des Kreises Warendorf
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