Die heutige Straße von Oestinghausen nach Hovestadt ist in ihrer jetzigen Form als »Kunststraße« erst kurz vor der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert angelegt worden. Entlang der Straße verliefen auch die Ende des 19. Jahrhunderts verlegten Schienen der Ruhr-Lippe-Kleinbahn, des sogenannten »Pengel-Anton«. Kommt man von Oestinghausen über den Hach, so tut sich ein herrlicher Blick über das Lippetal auf: Links in der Niederung die Gemeinde Niederbauer mit der Ziegelei Bertram und weiter rechts die Häuser von Nordwald, über denen das Schloss und die Kirche von Hovestadt sichtbar werden, alles überragt von dem schlanken hohen Turm der St.-Ida-Kirche von Herzfeld.
Links in der Schneelandschaft der »Pingel-Berg« mit der Kapelle. Rechts im Vordergrund die Straße von Niederbauer nach Hovestadt und parallel dazu die Schienen der Ruhr-Lippe-Kleinbahn.
Geht man die Straße weiter, vorbei an der Ziegelei Bertram, so liegt links eine ausgedehnte Wiese. An dieser Stelle war einst eine Anhöhe, auf der eine Kapelle im neugotischen Stil stand. Der Berg mit der Kapelle kam etwa 1935/38 von der Familie Pingel / Gerwin (heute Sudholt) in den Besitz der Familie Niehaus (heute Bertram). Die Anhöhe bzw. der »Pingel-Berg«, der aus Lehm bestand, wurde um die Mitte des 20. Jahrhunderts abgetragen, um den Lehm für die Ziegelei zu verwenden. Damit verschwand auch die Kapelle. Das Glöckchen der Kapelle hängt heute in der Friedhofskapelle in Oestinghausen. Außer einem Altar waren in der Kapelle keine sakralen Gegenstände. Es wird berichtet, dass die Kapelle nicht einmal geweiht war.
Wenn von der Entstehung der Kapelle wenig zu erfahren ist, so lässt sich ihre Verwendung eher belegen. Am Fronleichnamstag führte die Prozession von der Pfarrkirche in Oestinghausen über den »Pingel-Berg«, wo sich dann die Bewohner von Hovestadt einfanden. In der Kapelle war die erste Segensstation. Von hier aus zog die Prozession zum Schloss nach Hovestadt, wo in der Schlosskapelle das Festhochamt stattfand. Anschließend ging es zur St.-Anna-Kapelle in Nordwald und weiter zurück nach Oestinghausen. Damals gehörte Hovestadt noch zur Pfarrgemeinde Oestinghausen und hatte bis 1923 keine eigene Fronleichnamsprozession.
Die Kapelle auf dem » Pingel-Berg« von einer Baumgruppe umgeben.
Auf dem Hof Niehaus in Niederbauer wohnte nach dem Zweiten Weltkrieg der Geistliche und spätere Oberstudiendirekor des Mariengymnasiums von Werl, Rudolf Preising. Dieser zelebrierte in der Kapelle zu dieser Zeit regelmäßig die heilige Messe, zu der sich auch immer einige Leute einfanden. Nachdem der Geistliche nach Werl umgezogen war, wurde es wieder stiller um die Kapelle. Mit ihrem spitzen Türmchen war sie ein Markierungspunkt in der Landschaft von Niederbauer.
Markus Hunecke OFM
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