Bernhard Graf von Plettenberg

Monumentale Kunst in Holz und Stein


Am 23. April 1903 wurde ich als viertes Kind meiner Eltern in Hovestadt geboren. Schon mit zwei Jahren soll ich "erkennbare" Zeichnungen angefertigt haben, und meine Mutter erteilte mir mit sechs Jahren den ersten Zeichenunterricht. In der Schule war meine Phantasie so blühend, daß ich oft gar nicht bemerkte, wie sie mich überwältigte und beständig aus der Wirklichkeit des Schulraumes hinaustrug. Unausbleibliche Folge davon war, daß ich immer schlechte Noten erhielt - außer in Zeichnen und Naturgeschichte.

Schon mit 18 Jahren studierte ich die schönen Künste in Rom. und zwar bei Antonio Fabres, der u. a, auch den damaligen Papst Benedikt XV. porträtiert hatte. Anschließend besuchte ich die badische Kunstschule in Karlsruhe, wo sich schon schnell herausstellte, daß das Hauptthema meiner künstlerischen Darstellung der menschliche Körper sein würde. Im Kampf zwischen dem Naturalismus und der modernen Kunst verminderte die Inflation in rasendem Tempo meinen Monatswechsel, sodaß neben den künstlerischen Erfolgen auch ständiger Hunger, verbunden mit salzlosen Suppen in der Volksküche, zu meinen damaligen Erinnerungen gehören. Nach einem weiteren Jahr wechselte ich nach München, wo man wesentlich konservativer war und wo ich ohne Zwang ganz meine Ideale erarbeiten und gestalten konnte.
Nach aktiven Schaffensperioden in Schlesien und Berlin erhielt ich dann Unterricht in der Modellierklasse der Freskotechnik von Prof. Wackerle in München, wo mein Jugendtraum, Bildhauer zu werden, endlich Wirklichkeit wurde. Man wollte mich hier als Meisterschüler behalten, aber es drängte mich noch, die Technik des Steinhauens, Figurenaufstellens etc. bei einem praktischen Bildhauer zu festigen. So ging ich dann 1932 nach Grevenbrück im Sauerland, wo ich beim Bildhauer Belise auch das Übertragen eines Modelles auf den Steinblock mittels Zirkel, Storchschnabel und Punktiermaschine vervollkommnete.
Wo immer aber es ging habe ich alle meine Werke maßstabsgetreu selbst ausgehauen, egal ob ich in Holz oder Stein arbeitete.

Nach meiner Heirat im Jahre 1935 ging ich wieder nach Berlin, wo als Erstwerke die hl. Ida (Hovestadt), der Kugelstoßer und die Schwimmerin (beide München) entstanden. Nach dieser finanziell nicht leichten Anfangszeit erhielt ich 1939 meinen ersten Monumentalauftrag, vier Reiterfiguren für die Nibelungenbrücke in Linz an der Donau in Granit zu arbeiten: Siegfried, Krimhild, Günther und Brunhild, die jeweils in einer Größe von 6, 50 m erstehen sollten.

Als im Herbst 1939 der Krieg begann, machte ich den Polenfeldzug mit, wurde aber für die Arbeiten an den Nibelungenfiguren wieder "UK" gestellt und baute bis 1943 Siegfried und Krimhild als Tonattrappen in Originalgröße. Im Winter 1943/44 wurde ich noch einmal als Soldat in Italien eingezogen, um dann endgültig für die weitere Arbeit entlassen zu werden.
Dennoch wurde ich, da es langam mit unserem Deutschland zu Ende ging, noch zum Volkssturrn eingezogen, sodaß nun die Arbeit völlig ins Stocken geriet und in den Wirren des Kriegsendes sogar vernichtet wurde. Den großen Traum, meiner eigentlichen Begabung entsprechend, ein Monumentalwerk zu gestalten, mußte ich, kaum begonnen, endgültig zu Grabe tragen. Im Zuge des "Automatic arrest" der Alliierten wurde ich im Mai 1945 von den Amerikanern inhaftiert und 19 Monate im Lager festgehalten. Weihnachten 1946 wurde ich entlassen und kam zu meiner Familie nach Hovestadt zurück. Mein Elternhaus war derart mit Flüchtlingen belegt, daß wir mit fünf Kindern zunächst in einem einzigen Zimmer Unterkunft finden mußten.

Obwohl ich mein Arbeits- und Steinwerkzeug schon vorher in Westfalen sichergestellt hatte, standen harte Jahre vor mir. Zum einen galt ich als sehr konservativ und wurde von den sog. "Modernen" hart bedrängt, zum anderen bekam ich keine öffentlichen Aufträge, weil mein Großauftrag in Linz ja mit der Nazizeit verbunden war. An Privataufträgen nahm ich daher alles an, was von der Herstellung von Aschenbechern bis zum Renovieren und Ergänzen von vorhandenen Steinfiguren sowie zum Ausmalen von Kapellen reichte.

Im Winter 1946/47 kam mein Bruder Franziskus (geb. 1914) aus der Gefangenschaft zurück und erhielt als Lebensgrundlage ein Stück Land in Lohe, wo er sich ein Haus baute. Ich half oft bei den schwierigen Arbeiten, wieder Ackerland zu schaffen, denn genau hier verlief die Trasse der geplanten Autobahn: Böschungen mußten abgetragen, Hügelwälle eingeebnet und Lagerschuppen abgerissen werden. Die Bepflanzung geschah z. T. mit Bäumen und Sträuchern aus dem Schloßpark in Hovestadt.
Als mein Bruder zum Konsul der Niederlande ernannt wurde und als Direktor der VW-Werke nach Hannover zog, erhielt ich 1952 das Haus in Lohe sowie ein paar Morgen Land als Erbe. Das Land wurde aber nach und nach an die jeweiligen Pächter verkauft, und ich blieb weiterhin auf den Verdienst aus meinem Beruf als Bildhauer angewiesen.

Erst 1960 schien sich mir das Künstlerglück wieder zuzuwenden. Nach einer erfolgreichen Ausstellung in Bremen erhielt ich vom Kreis Soest den Auftrag über einen 2 m großen Bogenschützen in Bronze, der vor der Berufsschule als Ansporn für die Jugend aufgestellt wurde. Anschließend arbeitete ich vier Reliefs für das Kürassierdenkmal in Münster, sowie das Ehrenmal in Vellinghausen.
Bis 1975 folgten noch viele Werke im nahen und weiteren Umkreis, darunter auch das lebensgroße  Eichenkreuz in der Pfarrkirche in Hovestadt. Insgesamt habe ich zwölf große Kruzifixe angefertigt, das letzte habe ich an meinem Hofeingang in Lohe aufgestellt, wo übrigens auch die Modelle von Siegfried und Krimhild stehen.

Neben der Erstellung von Bleistiftzeichnungen, Farbkacheln und Architekturmodellen schuf ich zahlreiche Grabmäler, Sarkophage und Taufsteine.

Zu meinen wichtigsten Bronze- und Steinplastiken zählen ferner Hagen und Volker (Linz), die Diskuswerferin (München), Mutter mit Kindern und Mutter Erde (Berlin), St. Hedwig (Bellesheim), die Kreterin, die Prophetin, orientalische Tänzerin (Privatbesitz Amerika), St. Josef (Freckenhorst), Friedrich der Große und Kardinal von Galen (Münster).

Als Werkstatt diente mir immer ein großer Teil der Scheune auf dem Loher Anwesen, das ich ansonsten unverändert ließ. Noch heute, mit 81 Jahren, ist die Tonkiste immer frisch, und ich arbeite noch an Modellen aus Bronze und Stein. Neben meiner Werkstattarbeit sowie analogen Kunst - und Bildungsreisen zeige ich aber auch lebhaftes Interesse für die Belange der Gemeinde Lohe, die mir zur echten Heimat geworden ist.


Bernhard Graf von Plettenberg

Aufgezeichnet von Karl Kühl

 

Plettenberg






          Eines der Kunstwerke des Graf Plettenberg.

          Kreuz in der St.-Albertus-Magnus-Kirche
          in Hovestadt.









Quelle: Erlebtes und gelebtes Leben im Kirchspiel Ostinghausen. 1. Auflage, Aug. 1999

Linktipp: Graf Bernhard von Plettenberg: Hovestadt- Mein Elternhaus.