WASSERBURGEN AN DER AHSE
Von Dr. A. Hoischen
Ihrem Wasserreichtum verdankt es die Niederung der Ahse, daß sie stärker als manche andere Teile des Kreises Soest durch Buschwerk und Baumbestände belebt ist. Sie ergeben im Zusammenhang mit den weiten Grünflächen der Wiesen und Weiden ein freundliches Landschaftsbild.
Einen besonderen Reiz bieten die am silbernen Band der Ahse wie an einer Perlenschnur aufgereihten Schlösser und Höfe, die durch Gräben umgeben und befestigt wurden. Nur ein Teil dieser Wasserburgen ist in seinem ursprünglichen, prächtigen Zustand erhalten. Wo sie durch Zerstörung im Kriege oder aus anderen Gründen beseitigt wurden, errichtete man an ihrer Stelle einfachere Bauten. Auch dann bilden sie mit den fast überall erhaltenen Gräften, in deren Wasser sich ein dichtes Gewirr dunkler Laubkronen malerisch spiegelt, für den Heimatfreund ein lohnendes Ausflugsziel.
Folgen wir dem Lauf der Ahse von Osten nach Westen, so treffen wir als erste der Wasserburgen das Haus Düsse bei Oestinghausen an. Es ist ein schöner Barockbau. Seinen Namen trägt es von Adrian Arens von der Düsse, der im 17. Jahrhundert aus Holland geflohen war und das Gut kaufte. Heute dient der gesamte Besitz mit seinen ergänzenden Bauten und Einrichtungen der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe als landwirtschaftliches Versuchsgut.
Haus Ahse ist äußerlich ein schlichter Bau, landschaftlich aber schön gelegen innerhalb seiner Gräften und eines kleinen Waldes mit hohen Bäumen. Die Diele wirkt durch eine schöne zweiteilige Treppe repräsentativ. In dem größten Zimmer befindet sich ein weißer, barocker Kamin mit der Jahreszahl 1720. Dies dürfte auch das Baujahr des Hauses sein. Es gehört der Familie von Bockum-Dolffs in Völlinghausen. Das Gut wird von einem Pächter verwaltet.
Das im 18. Jahrhundert im Barockstil erbaute Haus Brockhausen ist baulich in einem bedenklichen Zustand. Im Äußern sind noch keine allzu großen Schäden zu bemerken. Auch die Pfähle, auf denen das Schloß ruht, sind noch gut erhalten.
Einen trostlosen Anblick aber bieten die schadhaften, einstmals reichen Stuckornamente. Verschwunden ist das barocke Mobiliar. Erhalten geblieben sind zahlreiche alte Wandgemälde und die behäbige, barocke Treppe in der Diele. Das Gut gehörte der Familie von Kleinsorge in Werl und ist jetzt im Besitz eines von der Industrie verdrängten Landwirtes aus der Bochumer Gegend. Eine Institution, die dem Gebäude eine passende neue Aufgabe geben könnte, hat sich bisher nicht gefunden, da die Kosten für die Instandsetzung sehr hoch sein würden. Die Zukunft des architektonisch wertvollen Herrenhauses ist ungewiß. Es droht der völlige Verfall.
Schweckhausen ist von einem doppelten Graben umgeben. Es wurde bereits 1303 urkundlich erwähnt. Eine Reihe von westfälischen Adelsgeschlechtern waren Besitzer, insbesondere die Herren von Droste. Jetzt ist es in bürgerlichem Besitz. Das jetzige Haus dürfte etwa 100 Jahre alt sein und weist keine baulichen Sonderheiten auf.
An einer Wand des Hauses lehnt eine in Stein gehauene Wappentafel, die offenbar zum alten Haus gehörte. Sie zeigt in der Mitte das Wappen derer von Droste, gekennzeichnet durch drei Stufengiebel. Zu beiden Seiten befinden sich Inschriften. Nur auf der rechten Seite ist die Inschrift einigermaßen zu entziffern und lautet vermutlich: „Freiherr von Droste, Domherr zu Paderborn, Droste derer von Delbrück-Boecke. 1721." Die beiden letzten Ziffern der Jahreszahl sind ungewiß. Es handelt sich vermutlich um das Mitglied der Familie v. Droste, von dem es in der Genealogie Soester Geschlechter von Franz Gerwin von Michels, der von 1746-48 Bürgermeister von Soest war, heißt: „Ferdinand Friedrich von Droste, Herr zu Schweckhausen, allwo er wohnt und ein neues Haus bauet, Domherr zu Münster und Paderborn, Decanus zu Soest."
Auch Borghausen war früher adliger Burgmannsitz. Das jetzige Herrenhaus wurde 1844 erbaut.
Haus Nehlen wurde 1631 im Renaissance-Stil von Diedrich Gerlinghaus für Diedrich von Plettenberg gebaut. Das Äußere ist gut erhalten und künstlerisch wertvoll. Im ehemaligen Rittersaal, der heute als Speicher dient, befindet sich ein ausgezeichneter Barockkamin des Bildhauers J. M. Gröninger aus Münster.
Das jetzige Haus Nateln ist in seinem älteren Teil vor etwa 100 Jahren gebaut. Das größte, saalartige Zimmer enthält Ahnenbilder der Familie von Michels, die das Gut 1580 erwarb. Durch Erbschaft fiel es 1927 an die Familie von Werthern. Die Familie nannte sich seither von Werthern-Michels. Der verstorbene Landrat von Werthern-Michels liegt auf dem kleinen Friedhof des Gutes begraben. Eine Tochter der Familie ist mit dem jetzigen Besitzer des Gutes verheiratet. Das alte Schloß, das dem von Mehlen ähnlich gewesen sein soll, wurde im Siebenjährigen Kriege zerstört, als sich die in der Schlacht von Vellinghausen geschlagenen Franzosen nach Süden über die Ahse zurückzogen. Nahe bei Haus Nateln sind noch einige Holzpfähle der Ahse-Brücke zu finden, über die sich der Rückzug der Franzosen vollzog. An einer Stelle, die man „Totenhof" nennt, sollen französische Soldaten beerdigt sein. Nach der Oberlieferung wurde in einem Wasserloch, dessen Vertiefung noch im Obsthof des Gutes zu erkennen ist, eine Marketenderin von Soldaten ertränkt, weil sie betrogen hatte. Nach einer anderen Darstellung soll die Marketenderin noch mit ihrem Wagen auf dem Gutshof gewesen sein, als die erwähnte Brücke bereits abgebrochen wurde. Der Ehegatte der Marketenderin habe sie vom jenseitigen Ufer aus erschossen, um sie nicht in die Hände der Verbündeten (Preußen, Braunschweiger, Hessen, Schaumburg-Lipper, Engländer) fallen zu lassen.
Südlich von Dorf Nateln lag am Obergang über die Ahse das befestigte „Niggehus". Es gehörte den Herren von Clot und ging später in den Besitz der Stadt Soest über. Es diente außer zu strategischen Zwecken den Herren und Gästen des Soester Rates als Herberge. Die Gräben sind heute noch teilweise erhalten. Das alte Haus ist verschwunden. An seiner Stelle steht ein Bauernhaus. Erwähnenswert ist eine alte Linde, deren Alter auf 800 bis 1000 Jahre geschätzt wird, am Eingang der nahe gelegenen Siedlung Loh. Die Bezeichnung „Op'm Tigge" weist darauf hin, daß hier eine alte Gerichtsstätte zu suchen ist. Sie wird aber wohl nicht die Bedeutung eines Femgerichtes gehabt haben, wie es zweifellos in Dinker bestanden hat.
Als letzte Wasserburg berührt die Ahse innerhalb des Kreisgebietes das Haus Matena. Das jetzige Haus wurde um 1800 erbaut. Das Rittergut war seit 1681 im Besitz der Familie von Krane. Es wurde vom Amt Borgeln-Schwefe erworben und Flüchtlingen als Unterkunft zur Verfügung gestellt. Aus: Heimatkalender des Kreises Soest, 1968
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