Bauzeichnungen des Schlosses Hovestadt

von August Bierhaus, Ahaus, Aug. 2009

 

Bauzeichnungen des von Laurenz von Brachum zwischen 1563 und 1572 im Auftrage des Dietrich Ketteler erbauten Renaissance-Schlosses und der nach 1733 von Johann Conrad Schlaun durchgeführten Umbauten, dem Neubau der Vorburganlage unter Friedrich Bernhard Wilhelm Reichsgraf von Plettenberg-Lenhausen sind wohl unwiderbringlich verloren.
Das gilt auch für Pläne des Architekten der barocken Gartenanlage, die vermutlich erst zwischen 1740 und 1760 fertiggestellt wurde. So ist die Flurkarte des Johann Heinrich Jung das früheste zeichnerische Zeugnis des "Haus Hoff-Stadt" mit seinen Anlagen, Gärten und Gräften als Grundriß-Plan; leider jedoch keine Ansicht aus dem 18. Jahrhundert. Die früheste bekannte Zeichnung datiert vom 14.10.1830 und ist im Skizzenbuch der Jenny von Droste-Hülshoff, der Schwester der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, erhalten geblieben Jenny von Droste-Hülshoff muß im Oktober 1830 zu Gast in Hovestadt gewesen sein, während Annette von Droste Hülshoff zu dieser Zeit bei ihrem Vetter Clemps von Droste in Bonn weilte.
In der Dokumentation "WESTFALIA PICTA -BAND IV- wird eine um 1832 von Bernhardine von Wendt-Papenhausen geb. Gräfin von Plettenberg-Lenhausen gefertigte Zeichnung von Schloss Hovestadt beschrieben (Nr. 130, S. 107), die möglicherweise als Vorstudie zu der um 1837-40 von der Lithographischen Anstalt P. Herle in Paderborn hergestellten Litographie von Schloss Hovestadt (Nr. 131, S. 108) gedient hat. Auch die im Privatbesitz befindliche Tasse um 1840 (?) zeigt auf der Wandung die gemalte Ansicht mit nur wenigen Änderungen bzw. Ergänzungen der Herle-Lithographie (s. a. Farbseite 23).

In der Dokumentation WESTFALIA-PICTA ist sodann noch das s/w-Photo der Farblithographie der 1862-63 im Verlag Alexander Duncker in Berlin erschienenen Serie von Schlössern auch das Schloss Hovestadt (von Nordwesten, S. 108-9) abgebildet, das seit vielen Jahren als Original im zeitgenössischen Rahmen in unserem Besitz ist. Auf der Rückseite ist die originale Beschreibung aufgeklebt, deren teilweise unrichtige Ausführungen von mir geändert bzw. ergänzt worden ist.

Von dieser Zeichnung wurde im Jahre 1988 (8.12.88) eine Umzeichnung von D. Kemper aus Ahaus gefertigt, die von der Verlagsanstalt Gebr. Lensing in Ahaus gedruckt wurde (Anlage).

In dem Band "ALT-WESTFALEN" - Die Bauentwicklung Westfalens seit der Renaissancezeit" von Engelbert Frhr. Kerckerinck zur Borg und Richard Klapheck (Nachdruck der Ausgabe von 1912) ist ein Lageplan "Schloß Hovestadt. Situation mit Garten" auf S. XVII (s. Anlage) dargestellt, der vermutlich von Kerckerinck zur Borg an Ort und Stelle gezeichnet wurde und höchstwahrscheinlich aus dem Lageplan von Johann Heinrich Jung von 1775 entwickelt worden ist. Kerckerinck zur Borg hat ebenfalls 1912 den Entwurf für den Dachreiter der Schlosskapelle zu Hovestadt gezeichnet, der von Markus Hunecke in seiner Schrift "Die Franziskanerresidenz in Hovestadt 1767-1838" (S. 15-16) abgebildet worden ist.

Im Jahre 1982 erhielten Gustav + Rose Wörner aus Wuppertal den Auftrag, ein Planungsgutachten zur Rekonstruktion der Schlossgartenanlage in Hovestadt zu erstellen. Offensichtlich stand nur der 1912 in dem Band "ALT WESTFALEN" abgebildete Lageplan "Schloß Hovestadt, Situation mit Garten" als Grundlage zur Verfügung. Im Jahre 1988 veröffentlichte Frau Regine von Schopf ihre umfassende Dissertation "Barockgärten

in Westfalen" in der die Bedeutung der Gartenanlage des Schlosses Hovestadt gewürdigt wurde (S. 90, 127, 133, 157 f., 185, 213, 222 231). Auf S. 250 wurde die Flurkarte des Johann Heinrich Jung von 1775, der Situationsplan des Engelbert Frhr. von Kerckerinck zur Borg von 1912 sowie der Rekonstruktionsplan von Gustav + Rose Wörner -alle im Ausschnitt- abgebildet.

Nachdem die 1982 geplante Rekonstruktion des Schlossgartens in Hovestadt an unzureichenden Zuschussmitteln gescheitert war, wurde 1994 mit den ersten Maßnahmen unter Leitung des Landschaftsarchitekten Klaus Schuhe in der Planungsgruppe Beyer-Schulze-Straßen in Soest begonnen und Mitte 1997 abgeschlossen. Aus dem dreiteiligen Faltblatt "Schloß Hovestadt - Rekonstruktion der Parkanlagen lassen sich der Umfang der Arbeiten und die Finanzierung ablesen. Neben dem farbigen Rekonstruktionsplan und dessen Beschreibung ist auch der "Situationsplan mit Gärten" von Engelbert Frh. von Kerckerinck zur Borg aus dem Jahre 1912 abgebildet. Im Text wird darauf hingewiesen, dass das zu Grunde liegende Original aus dem 18. Jahrhundert leider bisher nicht aufgefunden wurde. Es erscheint eigenartig, dass der von Renate von Schopf 1988 beschriebene Lageplan von 1975 und die ausführlichen Beschreibungen der damaligen Gartenanlage nicht erwähnt wird. Möglicherweise sind die von Renate Schopf geäusserten Zweifel, das Halbrund mit der doppeläuigen Hainbuchenhecke als "Heckentheater" vorzustellen, der Grund für die Nichterwähnung des Standardwerkes "Barockgärten in Westfalen" gewesen. Frau von Schopf deutet diesen Teil der Gartenanlage als "Anfiteatro, einem breit als Kulisse angelegtes Szenarium ohne reale Akteure, in der der Garten als solcher Zur Schau gestellt wird und das Renaissance-Schloss selbst, ideell hinterfangen von dieser halbrunden Kulissenwand präsentiert wird" (S. 90, Anm. 185-187, S. 204-205)
Frau von Schopf zitiert im Abschnitt "Reckentheater" Hovestadt auf die -nicht ausgeführten- Planungen in Burgsteinfurt, Schieder und Detmold, die jedoch alle aus der Zeit nach 1770 stammen (S. 133, Anm. 332-335 S. 212) und begründet ihre Zweifel mit den fehlenden Kulissen- und Bühnenräumen (S. 90).

Alle mit der Rekonstruktion der Gartenanlagen befassten Landschaftsarchitekten haben den "Plan des Urkatasters von 1828" übersehen. Es lohnt sich, den Plan von 1775 mit dem Situationsplan von 1912 zu vergleichen, wobei sinnvollerweise ein Farbfoto von der Flurkarte von J. H.Jung vom Staatsarchiv Münster beschafft werden sollte.

Ein Blick auf die Urkatasterkarte von 1828 beweist die großzügige Gesamtplanung Johann Conrad Schlauns, der nicht nur die von Gräften umgebene Schlossanlage im Stil der späten Barockzeit umgeplant hat. So ist z.B. deutlich die doppelreihige Rosskastanienallee -auch schon 1775 bei J. H. Jung- zu erkennen, die auch im kleinen Althoff sich rechtwinklig fortsetzt und im rechten Winkel auf den 1851 abgerissenen Hof Althoff zuführt.

Bei der Ausfahrt bzw. bei dem Ausritt vom Schloss über die zwei Zugbrücken konnten die Herrschaften durch die Alleen auf das "Lusthauß" als "Point de vue" schauen, das als quadratisches Gebäude einen Rundblick auf den Wald des (großen) Althoffs bzw. in die baumumstandene Wiese bot...
Der Situationsplan von 1912 weist eine Allee zum Lusthaus aus, die in einem Baumrund das Gebäude umschließt. Die Baumallee im Althoff führt bis zum "Schneckenberg", vom Hof Althoff erinnert nur noch der bis zur Lippe (Mit Wehr?) führende leicht bogenförmige Gräftenarm.

In der Urkatasterkarte von 1828 ist das sogen. Heckentheater nicht zu erkennen, dagegen ist ein kleiner Pavillon sichtbar, der nach Südeneinen Blick einen Blick über den länglichen Weiher auf den Sternbusch bot. Die Nutzgartenanlage zeigt einen langgestreckten Weiher, der auch in dem Situationsplan von 1912 noch vorhanden ist.

Die zur heutigen Brückenstraße gelegene Halbinsel war 1828 über eine Brücke von der Schlossinsel zu erreichen. Im Norden ist ein großes rechteckiges Gebäude erkennbar, vermutlich ein Wirtschaftsgebäude. Bemerkenswert ist die in Höhe des Ostflügels des Schlosses liegende Insel, die offenbar mit einem Boot bzw. Fähre den Zugang der im Situationsplan von 1912 bezeichnete "Alte Bleiche" ermöglichte.

Ein Vergleich der Flurkarte von 1775 mit der Urkatasterkatasterkarte von 1828 zeigt dagegen ein langgestrecktes Gebäude im Süden eines fast rechteckigen Grundstückes, das nur durch eine schmale Gräfte von der Schlossinsel getrennt ist.

Das südwestlich gelegene Grundstück ist mit vier rechteckigen Grundstücken, die von Längs- und Querachsen und umlaufende Wege eingefasst sind und möglicherweise ein Pendant der Nutzgartenanlage östlich der Wirtschaftsgebäude war. Im Situationsplan von 1912 wird dieser Teil als Wiese (mit Obstbäumen?) bezeichnet. Noch heute steht gegenüber der Pfarrkirche eine mächtige Esskastanie!

Ein weiterer Vergleich der von Frau Schopf abgebildeten Flurkarte von 1775 mit der Urkatasterkarte von 1828 und dem Situationsplan von 1912 zeigt die Veränderungen der mit der Lippe verbundenen "Tüche" J. H. Jung zeichnet zwei ungleich längliche Tüchflächen, die zwar mit Wehranlagen zur Lippe verbunden sind, jedoch keine Verbindung zu den Gräftenanlage des Schlosses haben. Möglicherweise war die Verbindung durch Holzrohre aus Baumstämmen unterirdisch, wie dies von den Tüchen im Segenkamp nachgewiesen werden konnte.

Bemerkenswert ist ein Tüch in "Sackform" am Lippebogen des "Jühler". Danach wäre die von Nord nach Süd reichende Gräftenanlage des Hofes Althoff erst nach 1775 geschaffen worden, die im Situationsplan von 1912 als Weg (?) noch erkennbar ist.
Die Flurkarte des J. H. Jung 1975 zeigt die Furt für die bis 1797 bestehende Fähre über die Lippe nach Herzfeld, westlich davon ist ein rechteckiges Gebäude mit der Bezeichnung "Schifferhauß" eingezeichnet, Das Urkatasterblatt von 1828 zeigte den Verlauf und die westliche Bebauung der heutigen Brückenstraße, die auf der Flurkarte von 1775 offensichtlich "vergessen" worden ist.

Mit dem Bau einer Holzbrücke über die Lippe 1792 - 1793 sind offensichtlich die "von altersher bestehenden Gegensätze und Ressentiments" verschärft worden. Davon zeugt der im Januar 1922 in der Beilage zur "Glocke und Beckumer Volkszeitung" erschienene aufschlussreiche Bericht "Krieg zwischen Herzfeld und Hovestadt" von Aug(ust) Ahlke, Beckum. Nach einer geschichtlichen Einleitung zitiert A. Ahlke aus Akten der Jahre 1792 bis 1805. Da Ergänzend dazu erschien in den 80er Jahren in den "Heimatblättern für Geschichte, Kultur- und Brauchtum im Kreise Soest" als Beilage des "Soester Anzeiger“(vom ?), ein erheblich sachlicherer Bericht "Herzfeld gegen Hovestadt", von dem mir ein Teil (S. 91) fehlt.