Hovestadt in der Frühgeschichte
Das flache Land zwischen der Lippe und ihrem linken Nebenfluss Ahse im nördlichen Teil des Kreises Soest war ebenso wie das übrige Westfalen in der frühesten Geschichte von Kelten bewohnt. Jedoch schon 500 bis 700 Jahre vor Christi Geburt finden wir dieses Gebiet von Germanen besetzt.
Zur Zeit des römischen Kaisers Augustus (31 v. bis 14 n.Chr.) stehen die hier wohnenden westgermanischen Volksstämme der Marser und Brukterer im Kampf mit den römischen Soldaten, die den Rhein überschritten hatten und bis tief nach Deutschland eindrangen. Die wichtigste römische Einfallstrasse zog sich am Südufer der Lippe entlang durch das Hovestädter Gebiet; befestigte Warthügel sicherten den Weg, der als breiter Knüppeldamm ausgebaut war und gleichermaßen als Marschstrasse wie auch als Beförderungsweg für Personen und Post Bedeutung hatte.
Die Wallhecken im Lippetal westlich und östlich von Hovestadt erinnern heute noch an jene Zeiten; sollen sie doch alte "Landwehren", Schutzbauten aus der Römerzeit, darstellen. Vom Jahre 16 nach Christi Geburt an war die Römergefahr in Nordwestdeutschland gebannt.
Nach blutigen Schlachten von denen auch die Gegend um Hovestadt, an der strategisch so bedeutenden Heeresstrasse gelegen, nicht verschont geblieben sein dürfte, zog der römische Kaiser Tiberius seine Truppen zurück, um, wie er erklärte, die Deutschen ihrer eigenen Uneinigkeit zu überlassen.
Fortan sitzen über mehrere Jahrhunderte hindurch In der Gegend zwischen Lippe und Ruhr, welche die Gaubezeichnung Boroktra führte, die Brukterer beziehungsweise die Franken, jener große Völkerbund, zu dem sich die germanischen Stämme an Unterund Mittelrhein in der späten Römerzeit zusammengeschlossen hatten.
Etwa um das Jahr 700 müssen die Franken den in Norddeutschland beheimateten Sachsen das Feld räumen. Der sächsische Volksstamm der Engern überschreitet, von Norden kommend die Lippe vielleicht bei Hovestadt? und besetzt die Ebene von Soest. Das Erscheinen der Sachsen südlich der Lippe wird zum Anlass erbitterter Kämpfe zwischen ihnen und den Franken.
Der Frankenkönig Pippin aus dem Geschlecht der Karolinger zog vom Jahre 718 an mehrmals gegen die Sachsen zu Felde und benutzte hierbei nachweislich in den Jahren 738 und 758 einen Vormarschweg längs der Lippe. In den von 772 bis 804 währenden Sachsenkriegen seines Sohnes Karls des Großen, des 1. deutschen Kaisers, wogten die Kämpfe hin und her, so dass in jener Zeit das Land zwischen Rhein und Lippequelle schwer heimgesucht worden sein dürfte.
Hovestadt im 9. Jahrhundert
Als Karl der Große die Sachsen unterworfen hatte, wurde die Grenze an der Lippe als politische Grenze hinweggewischt, und die Burg Hovestadt, die vielleicht schon als Karolingische Grenzfestung den Lippeübergang bewacht hatte, spielte nun ihre große Rolle als Mittelpunkt Sachsens. Denn Ekbert, der mit einer Verwandten des karolingischen Könighauses, der heiligen Ida, vermählt war und Anfang des 9. Jahrhunderts von Kaiser Karl dem Großen zum Herzog von Sachsen erhoben wurde, hatte auf der Burg Hovestadt seinen wohl hauptsächlichen Sitz. (aus "Der Kreis Soest")
Soll doch auch der Name Hovestadt auf die Stätte hinweisen, auf der Ekbert, der wahrscheinliche Ahnherr der großen Sachsenkaiser, seinen Hof gehalten hat. Die Niederwerfung durch Karl den Großen bedeutete gleichzeitig den endgültigen Sieg des Christentums über den heidnischen Götterglauben der Sachsen.
Sendbote des christlichen Glaubens an der Lippe war der heilige Liudger, erster Bischof des von Karl dem Großen gegründeten Bistums zu Münster innerhalb der Kirchenprovinz Köln.
Entscheidend wurde seine missionarische Tätigkeit durch Ida, die Gemahlin von Herzog Ekbert, unterstützt; sie lebte von etwa 775 bis 825, in den letzten 14 Jahren nach dem Tode ihres Gemahls nur dem christlichen Glauben dienend. 98o wurde sie durch Bischof Dodo von Münster heilig gesprochen.
Um die von ihr gegründete St. IdaKirche in Herzfeld gegenüber Hovestadt am nördlichen Lippeufer sammelten sich die Sachsen; unter Idas Einfluss vergaßen sie ihren Hass gegen das deutsche Kaisertum und traten sie willig dem neuen Glauben bei.
Hier in Herzfeld fanden Ekbert und Ida ihre letzte Ruhestatt. Für die Geschichte der Nachfahren des berühmten Paares trifft wahrscheinlich folgende Auffassung zu. Die Söhne von Ekbert und der heiligen Ida teilten ihr Erbe auf. Die Nachkommen des älteren Sohnes Liudolf waren die Herzöge von Sachsen; sie hatten ihr Erbbegräbnis in Herzfeld, bis der Ort Ende des 9. Jahrhunderts dem vom heiligen Liudger gegründeten Kloster Werden in Essen gelegen zugeschlagen wurde.
Die von dem jüngeren Sohn Ekberts sich ableitenden Cobbonen behielten als Grafen von Westfalen den westlichen Teil des Landes. Ihr Hauptsitz war zunächst Hovestadt und von der 3. Generation an unter Graf Hermann 1. (889 913) das heutige Werl.
Hovestadt und Herzfeld büßten damit ihre großen Möglichkeiten ein. (aus "Der Kreis Soest").
Altenhof und Hovestadt als Lehen im Mittelalter.
Eine erstaunliche Parallele zur Aufteilung des Erbes von Herzog Ekbert ist die 300 bis 400 Jahre später festzustellende Aufteilung des Ortsbereiches von Hovestadt in die zwei Besitzungen "Altenhof" und "Hovestadt", die von verschiedenen Lehnsherren als Lehen vergeben wurden. Ein Zusammenhang zwischen der Entstehung dieser zwei verschiedenen Lehen und der Erbteilung nach Ekberts Tod ist noch nicht nachgewiesen, liegt jedoch durchaus nahe.
Der "Altenhof" wurde durch das Kloster Werden verliehen. Die Namen der Lehenträger sind vom Jahre 1330 an bekannt; 1729 ist es erstmalig ein Graf von Plettenberg-Lenhausen. Seit der Enteignung kirchlichen Eigentums im Jahre 1803 unter Napoleon I. stellte der preußische König den Lehenbrief aus, zum letzten Mal 1827.
Dieser Altenhof umfasste das östlich an den heutigen Schlosspark angrenzende Gelände, auf dem bis 1850 ein Gutshaus mit der Bezeichnung "Althoff" stand. Sein Name lebt jetzt noch in dem als "Althoff" bezeichneten Wald am südlichen Lippeufer und in der "Althoffswiese" fort. Hier verläuft auch nach der von Geschlecht zu Geschlecht weitergetragenen Überlieferung der "Idapatt", ein Pfad, welcher zu einer Lippefurt führt und auf dem, wie die Legende erzählt, ein Hirsch die Steine zum Kirchenbau der heiligen Ida in Herzfeld getragen haben soll.
Die andere Besitzung, als "Hovestadt" bezeichnet, lässt sich 1231 urkundlich nachweisen. Zu ihr gehörte schon damals ein Schloss, an derselben Stelle wie das heutige Schloss gelegen. Das Lehen wurde durch den Erzbischof von Köln verliehen, der somit für Hovestadt gleichzeitig geistlicher Herr, Grundherr und als weltlicher Herrscher über das Herzogtum Westfalen südlich der Lippe seit dem Sturz des Welfenherzogs Heinrich des Löwen 118o auch Landesherr war.
Der Hauptlehensträger war im Krieg Führer der Burgbesatzung und im übrigen Burgvogt, auch Schlossamtmann oder Kastellan genannt. Unter den Burgvögten begegnen uns schon im 14. Jahrhundert die Namen Plettenberg und Kettler.
Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, also nach Beendigung der Soester Fehde, haben die Besitzer von Hovestadt nachweisbar auch die Stellung eines Drosten, der hauptsächlich richterliche Funktionen ausübt; noch zu Beginn des vorigen Jahrhunderts werden die Grafen von Plettenberg als Drosten von Hovestadt erwähnt.
Die Burgvögte erlangten erst mit der Zeit größere Selbständigkeit, bis sie schließlich anscheinend im 16. Jahrhundert praktisch Eigentümer wurden. Dem Burgvogt standen die ursprünglich vom Landesherrn oder seinem Marschall ausgewählten Burgmänner zur Seite. Diese wohnten im Burgbereich, waren zu steter Kriegsbereitschaft verpflichtet und erhielten, wie auch der Burgvogt, Naturallohn aus dem ihnen verliehenen Burglehen.
Zu Burgmännern wurden mit Vorliebe nachgeborene Söhne von Adelsfamilien aus der Umgehend (zum Beispiel von Eickelborn, von Wrede zu Milinghausen) bestimmt. Im Jahre 1313 wird erstmalig ein Amtmann von Hovestadt erwähnt; er war landesherrlicher Beamter und zog vor allem die festgesetzten Steuern in seinem Amtsbereich ein.
Der Amtsbezirk, in dem Hovestadt gelegen war, wechselte öfter seinen Namen; nach der Soester Fehde führte er die Bezeichnung Hovestadt, davor und seit dem 17. Jahrhundert zumeist den Namen Oestinghausen.
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