4. Vorgeschichte des Kirchenneubaus in Hovestadt

Längst war die Schlosskapelle für die ca. 700 Seelen der Gemeinden Hovestadt und Nordwald viel zu klein geworden, zumal noch ein Teil der Schoneberger Bevölkerung hier die Sonntagsmesse besuchte. Der eigentliche Kapellenraum konnte höchstens 150 Personen fassen. Die gesamte Männerwelt musste auf der »Bühne«, den beiden Sakristeien, auf der Bühnentreppe und in der Glockenkammer Platz nehmen und bekam mit ganz wenigen Ausnahmen jahraus jahrein keinen Priester und keine heilige Handlung zu Gesicht. Ein nicht geringer Teil der hiesigen Bewohner erfüllte deshalb seine kirchlichen Pflichten in den Nachbargemeinden, besonders in Herzfeld. Dass das kirchlich-religiöse Leben unter diesen, z. T. recht unwürdigen Verhältnissen arg leiden musste, liegt auf der Hand. Dazu kamen die vielen Unzuträglichkeiten für den Hovestädter Geistlichen durch die gräfliche Familie, welche die Hovestädter Filiale im Gegensatz zu Paderborn immer noch als ihre Privateinrichtung betrachtete. Der schon lange gehegte Wunsch der katholischen Hovestädter Bevölkerung, der auf eine eigene Kirche und Errichtung einer selbständigen Kirchengemeinde zielte, wird deshalb durchaus verständlich, entsprach er doch einem wirklich dringenden Bedürfnis.

Den Stein ins Rollen brachte ein an und für sich unerfreuliches Ereignis im benachbarten Herzfeld nach Errichtung der neuen St.-Ida-Kirche im Jahre 1903.

Die gräfliche Familie von Plettenberg in Hovestadt besaß von jeher eine Familiengruft unter dem Chor der Herzfelder Kirche, die auch in der neuen Kirche errichtet wurde. Für diese besondere Ehre erwarteten die Herzfelder jedoch ein außergewöhnliches Geschenk für die neue Kirche: wenn nicht den neuen Hochaltar, der mit etwa 7.500 Mark. angesetzt war, so doch die Stiftung eines der neuen Chorfenster, die etwa 3.000 Mark. kosteten. Als der Graf nach Fertigstellung der Kirche dann aber nur eine Spende in Hovestadt von 300 Mark. bereitstellt, war die Verbitterung in Herzfeld ungeheuer. In dieser Stimmung und durch die Herzfelder aufgefordert, ließ sich der greise Pfarrer Steinmann zu der Bekanntmachung hinreißen, die einheimische Bevölkerung solle die auswärtigen Besucher beim Empfang der Sakramente, besonders an den Beichtstühlen, ruhig zurückdrängen, denn die neue Kirche sei von den Herzfeldern für die Herzfelder gebaut und nicht für die Bewohner der Nachbarorte.

Da diese Verordnung in erster Linie die Hovestädter betraf, fühlten sich letztere hierdurch ganz besonders betroffen und verärgert, hatten doch auch sie ihr Scherflein zum Neubau beigetragen. (Der Männergesangverein Herzfeld-Hovestadt, der damals noch eine stattliche Zahl Mitglieder aus Hovestadt hatte, vermachte der Kirche die neue Orgel.) Da es gerade zur Osterzeit war, gab es an den Beichtstühlen ein wildes Gedränge und Geschubse und es wäre beinahe zu Schlägereien gekommen. – Der Hovestädter Gastwirt Josef Biele, etwas schwerhörig, hatte zunächst nicht richtig begriffen, worum es ging, dann aber verließ er spontan und zutiefst empört das Gotteshaus und eilte nach Hovestadt, wo er sich mit seinen Freunden Fritz Herold und Franz Adrian traf. Es wurde der einstimmige Entschluss gefasst: »Nu bugget wui ne eigene Käerke«.

Nach Rücksprache mit dem Grafen und den Pfarrern Butterwerk Oestinghausen und Bergmann Ostinghausen wurde im Mai 1903 eine Versammlung einberufen und der Beschluss gefasst, unverzüglich mit den Sammlungen für den Bau einer Kirche zu beginnen. Hierzu wurde ein Komitee gewählt, bestehend aus den Herren: Graf Plettenberg, Josef Biele, Apotheker Murdfield, Bernhard Kleeschulte, Nordwald und Müller, Schoneberg, an Stelle des letzteren trat später Fritz Herold. Die Sammlungen wurden jeden Sonntag abgehalten und brachten innerhalb eines Vierteljahres bereits 850 Mark zusammen. Als Führer und unentwegte Kämpfer für die gute Sache mögen hier erwähnt sein: Josef Biele, Gebr. Fritz und Anton Herold, Franz Adrian, Josef Bierhaus und Hermann Bierhaus.

Die Bemühungen unserer Gemeinde, die auf die Schaffung einer eigenen Filialkirchengemeinde zielten, scheiterten vorläufig, doch wurde den Gläubigen der Filiale Hovestadt März 1905 auf Antrag die Vergünstigung erteilt, Taufe, Erst- und Osterkommunion künftig in Hovestadt zu empfangen.

Am 5. Januar 1905 wurde hier der Verein »Frohsinn« ins Leben gerufen, dessen erstes Ziel die Förderung des Kirchenbaues in Hovestadt war. Der Verein gab im Winter auf Dickmanns (Brachts) Saal die schönen Theaterdarbietungen, im Sommer veranstaltete er im Althof das beliebte Waldfest mit Militärkonzert und allerlei Volksbelustigungen. Durch die uneigennützige Tätigkeit aller Mitglieder kam hierbei viel Geld zusammen, die Veranstaltungen bildeten aber auch eine echte kulturelle Bereicherung des hiesigen, dörflichen Lebens.

Durch die vielfachen Bemühungen, Sammlungen und Spenden hatte der Kirchenbaufond im Jahre 1909 bereits eine Höhe von 25.000 Mark. erreicht. Um diese Gelder, welche bisher vom Kirchenvorstand in Oestinghausen verwaltet wurden, in eigene Hand zu bekommen, wurde am 14. November 1909 ein Kirchenbauverein gegründet, dem fast alle Gemeindemitglieder von Hovestadt und Nordwald beitraten. Durch Stiftung der Wwe. Gertrud Nölle, Wadersloh, einer geb. Nordwalderin, wurde Anfang 1911 in der Schlosskapelle eine Frühmesse (als zweite Sonntagsmesse) eingeführt.

Seit 1901 wirkte in unserer Gemeinde der beliebte Vikar Dane, welcher bei der gräflichen Familie allerdings weniger angesehen war. 1906 wurde derselbe abgelöst durch Vikar Visarius, der es verstand, die Gegensätze zwischen der Gemeinde und der gräflichen Familie weitgehend auszugleichen, da er sich allgemeiner Beliebtheit erfreute. Nur ungern sah die Gemeinde im Jahre 1911 ihren erfolgreichen Seelsorger scheiden. Sein Nachfolger wurde Vikar Birkenfeld, der allerdings nur 1 Jahr hier wirkte, weil er sich in die eigenartigen, hiesigen Verhältnisse nicht schicken konnte.

1912 bekam Hovestadt in der Person des Joh. Ruhrmann einen neuen Vikar und seeleneifrigen Priester. Er war ein großer Förderer des Kirchenverbandes, wie übrigens alle Hovestädter Geistlichen in dieser Zeit. Ruhrmann glaubte, dass bis 1917 die Kirche fertig dastehen werde. Darüber kam jedoch unerwartet seine Versetzung aufgrund ständiger Differenzen mit der gräflichen Familie.

Als neuer Vikar kam Joh. Leutfeld nach Hovestadt. Der 1914 begonnene I. Weltkrieg stellte der Kirche und der Geistlichkeit keine leichten Aufgaben.

In demselben Jahr (1915) kam Pastor Schulte als Nachfolger des verstorbenen Pfarrers Butterwerk nach Oestinghausen, welcher der Filiale Hovestadt von Anfang an größtes Interesse entgegen brachte. Er bemühte sich vor allem um ein geeignetes und vom Grafen unabhängiges Grundstück für die neue Kirche, um jede Abhängigkeit und Differenz mit der gräflichen Familie von vornherein auszuschließen. Schien es anfangs, als stände die ganze Gemeinde geschlossen hinter der Kirchenbausache, so zeigte sich mit der Zeit, dass eine kleine Minderheit von Besitzern mit dem Grafen an der Spitze einen Kirchenbau wenn nicht gar verhindern, so doch zum mindesten hinauszuzögern versuchte. Die Seele dieser Gegenbewegung war jedoch der gräfliche Rentmeister Keimer, der außerdem noch die Posten des Gemeindevorstehers und des Sparkassen-Rendanten bekleidete. Seine Äußerungen »Solange mir die Augen offen stehen, werde ich alles tun, um einen Kirchenbau in Hovestadt zu verhindern« und »Ein Kirchenbau wäre für Hovestadt geradezu ein Unglück« lassen keinen Zweifel übrig an seiner wirklichen Gesinnung und Entschlossenheit. Ob nun die finanzielle Schwäche der Gemeinde, die bedrohte Vormachtstellung des Grafen oder etwas anderes die Triebfeder seiner Einstellung war, sei dahingestellt. – Jedenfalls ließen sich die führenden Männer des Kirchbaugedankens und mit ihnen die erdrückende Mehrheit der Hovestädter Bevölkerung samt ihrem Geistlichen durch derartige Äußerungen und Drohungen und diesbezügliche Eingaben nach Paderborn nicht im mindesten einschüchtern, sondern sie arbeiteten um so eifriger und entschiedener am Zusammenbringen der Gelder. Bereits im Jahr 1911 war von gräflicher Seite der Gemeinde das Vikarie-Grundstück als Kirchbauplatz angeboten worden, doch war dieses geplante Geschenk mit soviel Bedingungen und gräflichen Forderungen belastet, dass es für Hovestadt nie ernstlich in Frage kam. U. a. verlangte der Graf eine eigene Bank, eigenen Eingang und als das wohl schwerwiegendste das Patronatsrecht in der neuen Kirche u. a. 1917 stand in Hovestadt das Brinkhof‘sche Besitztum zum Verkauf. Da sich dieses Anwesen nach Lage und Größe als ein geradezu ideales Grundstück für den geplanten Kirchen-Neubau anbot, kaufte Pfarrer Schulte, Oestinghausen, kurz entschlossen zusammen mit Josef Biele und Dr. Hiltermann pro forma diese Besitzung, damit sie nicht für die Kirche verloren ginge, und streckte das Kapital hierfür vor. In den nächsten Jahren erwarben dann 29 Bürger der Gemeinde das Grundstück und schenkten es März 1920 der inzwischen gebildeten Kirchengemeinde Hovestadt. Nur ein kleiner Teil dieser Bürger verlangte seinen Kaufpreisanteil, der zunächst nur leihweise erfolgt war, ganz oder teilweise zurück. Am 01. Juli 1918 wurde endlich die staatlich und bischöflich genehmigte Filialkirchengemeinde Hovestadt gebildet. Trotz aller Bemühungen um günstigere Abfindungsbedingungen blieb es doch bei den schon 1915 von der Mutterpfarre bewilligten 15.000 Mark, die aber erst zur Auszahlung kamen, als sie schon reichlich entwertet waren.

Nach Begründung der Filialkirchengemeinde Hovestadt mussten zunächst die kirchlichen Körperschaften gewählt werden: Kirchenvorstand und Kirchengemeindevertretung. Die Wahlen fanden statt am 29. September 1918. Da die Zusammensetzung der Körperschaften dem Rentmeister Keimer zu »einseitig« erschien, fand er einen formalen Grund zur Ungültigkeitserklärung der Wahlen, welche nun auch tatsächlich mussten wiederholt werden. Keimer erreichte hierbei allerdings genau das Gegenteil von dem was er wollte; der Graf von Plettenberg, der bei der ersten Wahl Mitglied des Kirchenvorstandes war, wurde bei der 2. Wahl nicht wiedergewählt. Mitglieder des ersten Kirchenvorstandes waren: Josef Biele, Heinrich Rodehüser, Franz Adrian, Fritz Herold, Konrad Hoffmeier und Wilh. Schulte, Nordwald. Da durch den Erwerb des Brinkhof‘schen Grundstücks das gräfliche Schenkungsangebot von 1911 endgültig abgelehnt war, forderte die Rentei vom 12. Mai 1919 für die Benutzung des Vikarie-Hauses und Gartens eine jährliche Miete von 250 Reichsmark. Die Hovestädter Kirchengemeinde lehnte diese Forderung mit der Begründung ab, dass die Stiftung der ehemaligen Franziskanermission heute wie damals zur Stützung und Erhaltung des kath. Glaubens beitrage und von gräflicher Seite deshalb keine Miete verlangt werden könne, eine Ansicht, die übrigens auch von Paderborn vertreten wurde. Demgegenüber war die gräfliche Partei der Überzeugung, dass seit der Gründung der selbständigen Filialkirchengemeinde Hovestadt die ehemalige Franziskanermission als gräfliche Privatstiftung mit allen Verpflichtungen erloschen sei. Nachdem auf dem Verhandlungswege keine Einigung in dieser Frage erzielt werden konnte, entschloss sich der Graf September 1921 zur Klage gegen die Filialkirchengemeinde. Der langwierige Prozess zog sich bis 1925 hin. In beiden Instanzen, dem Landgericht Dortmund und später von dem Oberlandesgericht Hamm wurde zu Gunsten des Grafen entschieden und der Hovestädter Kirchengemeinde keinerlei Rechte auf die Vikarie zugebilligt. Die gesamten Prozesskosten in Hovestadt von rund 3.476 Mark hatte die Kirchengemeinde auch zu tragen. Durch Vermittlung der bischöflichen Behörde wurde Ende 1925 eine Einigung mit dem Grafen erzielt und nachstehender Kompromiss geschlossen: der Graf stellt die Vikarie vorläufig für 5 Jahre unentgeltlich zur Verfügung, er erkennt den erworbenen Kirchbauplatz als endgültig an und verpflichtet sich, den Kirchen-Neubau nach Kräften zu fördern, andererseits wird der gräflichen Familie eine eigene Bank gewährt in der neuen Kirche, der Bischof erklärt sich einverstanden, dass auch später das Allerheiligste in der Schlosskapelle bleibt. Der Graf schenkt der Kirchengemeinde auf Antrag 1.000 Mark von den Prozesskosten, Paderborn gibt einen Zuschuss von 400 Mark.

Aus Anlass ihrer Silberhochzeit machte die gräfliche Familie März 1920 der Hovestädter Kirchengemeinde ein zwei Morgen großes Grundstück zum Geschenk zur Anlage eines eigenen Friedhofes. Diese Stiftung wurde allgemein dankbar begrüßt, mussten doch bisher unsere Toten in Oestinghausen, bzw. in Ostinghausen beigesetzt werden. Das angebotene gräfliche Grundstück wurde jedoch mit einem günstiger gelegenen des Bauern Ferd. Hildenhagen getauscht (1. Teil v. Hildenhagen Kamp). Die Herrichtung des neuen Friedhofs wurde großenteils unentgeltlich von Hovestädter Bürgern durchgeführt. Für den Weg zum Friedhof musste ein Streifen Land von Biele und Röttger angepachtet werden. Die feierliche Einweihung fand am 7. Mai 1922 durch Pfarrer Schulte, Oestinghausen, statt, nachdem schon am 21. November 1921 die erste Verstorbene beigesetzt war. Am 15. November 1925 erfolgte durch Pfarrer Schulte die Einweihung der Kriegergedächtniskapelle für die Gefallenen des ersten Weltkrieges. Bei der Nordwalder Separation 1950 erhielt der Friedhof einen festen Weg als Zugang. Der Haupteingang musste jetzt von der Südseite auf die Nordseite verlegt werden und erhielt ein schönes Sandsteinportal. 1956 wurden in der Friedhofskapelle neue Gedächtnistafeln für die Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege aufgestellt. Den holzgeschnitzten Korpus fertigten die Gebr. Düchting, Soest. 1923 wird für Hovestadt auch eine eigene Fronleichnamsprozession eingeführt. Sie nimmt ihren Weg von der Schlosskapelle, später von der neuen Kirche über die Schlossstraße und Althofseingang bis zur St.-Ida-Statue, wo die erste Station ist, dann über den Löttenkamp und Nordwalderstraße zum St.-Ida-Hospital, der 2. Station, dann zur St.-Anna-Kapelle, der dritten Station, über Schillings Hof, durch die Kleestraße und Bielen Kämpe zum Bruch, wo bei Kleeschulte-Kleinekoerdt die 4. Station war und dann über die Bahnhofstraße zum Ausgang zurück. Der Prozessionsweg wurde später teilweise geändert. Bis zum Jahr 1923 gingen die Hovestädter mit den Oestinghausern zusammen. Die Teilnehmer aus beiden Orten trafen sich auf dem Pingeln Berg, der ersten Station in der dortigen Kapelle, zogen dann gemeinsam zur Hovestädter Schlosskapelle, wo das Festhochamt war, anschließend ging es dann gemeinsam zur St.-Anna-Kapelle und dann wieder nach Hause, wo die kirchliche Schlussfeier gehalten wurde.

Nach alter Tradition wurde auch stets das Fest der hl. lda, der Patronin des Lippetales und der hl. Anna gefeiert. Am Sonntag nach dem 4. September, dem Todestag unserer großen Heiligen, ziehen die Ostinghauser und Gläubigen der Nachbarorte eine größere lda - Reliquie mit sich führend, zum Ida-Dom nach Herzfeld. Die Hovestädter gehen der Prozession ein Stück entgegen und schließen sich bei der Ida-Statue am Althof den Ostinghauser an und gemeinsam geht es dann zum Festamt in Herzfeld, Gottes und der hl. Frau Lob zu künden und St. Idas Fürbitte zu erflehen. Das Fest der hl. Anna (26. Juli) wurde in der nach ihrer benannten Kapelle (auch Crehen-Kapelle genannt) in Nordwald stets feierlich begangen. Fundiert durch die Familienstiftung des Pfarrers Cree an St. Lamberti in Münster, ein gebürtiger Nordwalder, wurden hier jährlich 14 hl. Messen gelesen, die immer gern besucht wurden. Die Verwaltung des Stiftungsvermögens (seit 1762) und die Unterhaltung der Kapelle lag bis zur Geldentwertung 1923 i. H. des Kirchenvorstandes von St. Lamberti. 1927 wurde das ehrwürdige Gotteshaus in die Obhut der Gemeinde Nordwald übernommen und in den folgenden Jahren mehrere Instandsetzungen durchgeführt. Das idyllisch gelegene schlichte Barockkirchlein mit ansprechendem Altarbild der hl. Anna hat leider sehr gelitten durch die Fällung der altehrwürdigen Linden, welche das Kirchendach bedrohten, doch sind bereits junge Bäume nachgepflanzt.

1924 kam eine neue Regelung der Verwaltung des kirchlichen Vermögens, deshalb musste auch in Hovestadt ein neuer Kirchenvorstand gewählt werden, jetzt die einzige kirchliche Körperschaft. Die Wahl fand am 22. Februar 1925 statt. Da der zuerst aufgestellte Wahlvorschlag bei verschiedenen Bürgern, besonders aber den Nordwaldern, keine Billigung fand, so wurde auf Veranlassung von Rentmeister Keimer noch ein 2. Wahlvorschlag eingereicht. Das Ergebnis dieses heftigen Wahlkampfes war jedoch, dass überhaupt kein Nordwalder in den Kirchenvorstand kam und nur als Ersatzmitglieder herauskamen. Aufs Äußerste erbost, versuchten dieselben nun, aus dem Filialkirchenverband entlassen und der Pfarrei Oestinghausen überwiesen zu werden, was natürlich abgewiesen wurde. Probst Drehmann Soest wurde von Paderborn beauftragt, die erregten Nordwalder Gemüter zu beruhigen und eine Verständigung mit Pfarrvikar Leutfeld zu vermitteln. Auch um die Besserung des innerkirchlichen Lebens bemühte sich Pfarrvikar Leutfeld. Nachdem bereits 1853, 1895 und 1912 Volksmissionen in der Schlosskapelle abgehalten waren, fand hier im Jahr 1920 wieder eine Mission statt, 8 Tage für die Frauen und für die Männer bei guter Beteiligung. Auch die Hebung des kirchlichen Vereinswesens lag Leutfeld sehr am Herzen. Die Aussichten für einen baldigen Kirchenneubau in Hovestadt waren zu dieser Zeit wieder sehr schlecht, war doch das mühsam zusammengebrachte Kapital in Hovestadt von rund 50.000 Mark. bis auf einige 1000 Mark Aufwertung durch die totale Geldentwertung verloren gegangen. Viele waren mutlos geworden. Doch dann wurde von neuem mit Sammeln und Opfern begonnen, es fehlte nicht an großen Spenden, Theater und Waldfest wurden wieder veranstaltet. Das Waldfest erbrachte 1925 einen Reingewinn von 2.750 Mark, 1926 waren es rund 2.000 Mark und 1927 1265 Mark Das Kirchenbaukapital stieg 1926 von 4.151 Mark bis Ende des Jahres auf das Doppelte, jetzt ging es rüstig aufwärts.

In der Hovestädter kirchlichen Leitung hatte sich in den letzten Jahren auch wieder einiges geändert. Pfarrvikar Leutfeld, der seit 1915 in Hovestadt wirkte, wurde auf eigenen Wunsch 1925 versetzt. Sein Nachfolger wurde Pfarrvikar Wulff, der bis 1928 das kirchliche Leben leitete. Dieser feine Musikkenner leitete von 1925 bis 1928 in Hovestadt den neugegründeten Cäcilienchor, der u. a. auf dem Bracht'schen Saale ein Weihnachtsoratorium aufführte und 1927 beim Waldfest das Freilichtspiel »Die Kirmes im Alpendorf« zum Besten gab. Um die Hebung des kirchlich-religiösen Lebens war er ebenfalls bestens bemüht. 1928 trat Pfarrvikar Holthaus an seine Stelle, welcher 1931 von dem Neupriester Franz Henkel abgelöst wurde. 1926 hatte Hovestadt durch Vermittlung unseres Bischofs eine Reliquie der hl. Ida erworben, wofür Gastwirt Jos. Biele ein wertvolles Reliquiar stiftete. Die Sammlungen und Anstrengungen zur Mehrung des Kirchenbaufonds gingen indes weiter, von allen hiesigen Geistlichen kräftig unterstützt, doch machte sich die aufsteigende, wirtschaftliche Krise der 30er Jahre auch beim Spendenaufkommen bemerkbar. Um auch die Nordwalder wieder mehr für die Sammlungen zu gewinnen, kam Pfarrvikar Cl. (Clemens) Holthaus, von 1928-1931 hier tätig, dadurch demselben entgegen, dass er jeden Samstag in der Anna-Kapelle eine hl. Messe las, welches die Einwohner dort sehr begrüßten.

Bereits im Jahre 1927 wurde unserer Gemeinde die schon länger bewilligte Diözesan-Kirchenkollekte gestattet, die einen Reingewinn von 6.984,29 Mark erbrachte für den Kirchenbau. (Die vorstehend genannte Summe stellt nur die Hälfte des Gesamtaufkommens der Kollekte dar, da Hovestadt mit einer anderen Gemeinde teilen musste.

Anfangs Januar 1930 konnte dann mit der schon länger in Aussicht gestellten halben Provinzial-Hauskollekte (Reg.-Bez. Minden und Arnsberg) begonnen werden. Einige Männer der Gemeinde, alte Kämpfer für den Kirchenbau stellten sich unentgeltlich als Sammler zur Verfügung, um die Unkosten möglichst niedrig zu halten. So übernahm Fritz Herold das Dekanat Sundern, Anton Herold sen. das Dekanat Geseke, Josef Bierhaus das Dekanat Soest und Fritz A. Zyprian das Dekanat Rüthen. Das sehr gute Gesamtergebnis in Hovestadt von 16.570 Mark ist in erster Linie der unentgeltlichen Tätigkeit der 4 Hovestädter Bürger zu verdanken, die im Gegensatz zu den Berufs Kollektanten auf jeden Entgelt verzichteten.

Durch die hiesigen monatlichen Sammlungen, Waldfest- und Theaterdarbietungen, den zahlreichen großzügigen Spenden und den beiden Kollekten war das Baukapital 1931 auf ca. 60.000 Mark angewachsen. Im selben Jahr kam Franz Henkel als Pfarrvikar nach Hovestadt. Sein erster Eindruck war: Hier muss so bald wie möglich die neue Kirche gebaut werden, da die kirchlichen Verhältnisse einfach unmöglich sind. Mit aller Entschiedenheit setze er sich für baldigen Baubeginn ein, zumal das nötige Kapital vorhanden war und die Preise am hinken waren. Auch den vielen hiesigen arbeitslosen Bauhandwerkern wollte man für längere Zeit Arbeit verschaffen. Im Sommer brachte Henkel die Neubaufrage vor den Kirchenvorstand, doch konnte hier keine übereinstimmende Ansicht über den Kirchenneubau ermittelt werden. Auf Vorschlag aus der Gemeinde berief er am 14. August 1931 eine Versammlung aller Gemeindeeingesessenen ein, die zahlreich besucht war. Als Henkel seine Gründe für baldigen Baubeginn erläutert hatte, ließ er über diese Frage abstimmen. Mit 4 Ausnahmen erklärten sich sämtliche Anwesenden für sofortigen Beginn der Bauarbeiten.

 

Bemerkenswerte Daten für die Vorgeschichte des Kirchbaus in Hovestadt

Seit 1600


1741

 

30.3.1756


1767


 


20.4.1836

1838-1878
 

1875
 

1878-1885

 

1885-1901
 

1901-1906

1903

5.1.1905

10.3.1905

1906-1911
 

1931-1946

1909
 

2.2.1911
 

1911-1912

28.8.1911


1912-1915

1915-1925

2.2.1918
 

1.7.1918
 

3.3.1920
 

23.3.1920
 

7.5.1922

1923/24
 

1925-1928
 

9.10.1925
 

1927

1928-1931

30.11.1929

1931-1946

Nov. 1931

22.1.1932

 

etwa bereits periodischer Gottesdienst in Hovestadt von der Pfarrei Oestinghausen aus.

wird der Familie des Herrn Grafen von Plettenberg der sonntägliche Gottesdienst in der
neuerbauten Schlosskapelle zu Ehren der Gottesmutter von Loreto für 10 Jahre gestattet.

Diese Erlaubnis wird für 5 Jahre auch auf die Bewohner von »Hofstadt« und »Neustadt« übertragen.

Begründung einer Franziskanermission in Hovestadt laut der Stiftungsurkunde vom 9. Mai, unterzeichnet von der verwitweten Gräfin Sophia von Plettenberg zusammen mit ihren Kindern und dem Franziskaner-Provinzial Pater Pröbsting. Etwa 70 Jahre lang wirkten die Franziskanerpatres, anfangs zwei, später einer, segensreich in Hovestadt und Umgebung.

Auflösung der Franziskanermission wegen Mangel an Patres.

wirkte Bernhard Bolzau mit dem Titel »Missionspriester«. Er begründete das
St.-Ida-Hospital als Stiftung für arme Kranke.  Das erste Haus wurde 1859 eingeweiht.

Gründung einer »Rektoratsschule« in Hovestadt. Erster Rektor war der spätere
Domkapitular Kleffner.

konnte wegen des Kulturkampfes kein Geistlicher angestellt werden. Die Seelsorge konnte nur heimlich ausgeübt werden, hauptsächlich durch Geistliche, die auf dem Schlosse wohnten.

wirkte Vikar Alexander Aust. als Präses des St.-Ida-Hospitals leitete er auch den Neubau des Krankenhauses 1894/95.

wirkte Vikar Theodor Dane.

wurde ein Komitee für Kirchenbau-Sammlungen begründet.

Gründung des Vereins »Frohsinn« zur Förderung des Kirchenbaus.

Erteilung großer Vergünstigungen an die Gemeinde Hovestadt

Recht zur Spendung der hl. Taufe und Erstkommunion und zum Empfang der Osterkommunion in der Schlosskapelle.

wirkte Vikar Theodor Visarius.

Gründung eines »Kirchenbau-Vereins« und erstmalige Feier des »Waldfestes« zum Besten des Kirchenbaus.

Erste Frühmesse in der Schlosskapelle laut der »Frühmessestiftung« der verst. Witwe Gertrud Nölle in Wadersloh, gebürtig von Nordwald.

wirkte Vikar Hubert Birkenfeld.

Antrag des Gemeindevorstehers Keimer um Begründung einer »Filialkirchengemeinde« in Hovestadt.

wirkte Vikar Johannes Ruhrmann.

wirkte Vikar Johannes Leutfeld.

Ankauf der Brinckhoff'schen Besitzung durch Pastor Josef Schulte von Oestinghausen, Gastwirt Biele und Dr. med. Hiltermann.

Errichtung der »Filialkirchengemeinde Hovestadt«. Die Pfarrei Oestinghausen zahlt eine Abfindungssumme von 15.000 Mark.

Angebot eines Friedhofsgrundstückes durch den Herrn Grafen Josef von Plettenberg, Tauschvertrag mit Hildenhagen.

Schenkung der früheren Brinckhoff'schen Besitzung an die Filialkirchengemeinde. Auflassung des Grundstückes am 18. Dezember desselben Jahres.

Einweihung des neuen Friedhofs durch Herrn Pastor Schulte von Oestinghausen.

Entwertung des gesammelten Kirchenbaufonds im Betrag von rund 50.000 Mark infolge der Inflation.

wirkte Pfarrvikar Otto Wulf.
Neubelebung der Sammeltätigkeit für den Kirchenbau.

Antrag an den Herrn Oberpräsidenten von Westfalen um Bewilligung einer Provinzial-Hauskollekte für den Kirchenbau in Hovestadt.

Bewilligung einer »Kirchenkollekte« für Hovestadt. Ergebnis: rund 7.000 Mark.

wirkte Pfarrvikar Clemens Holthaus.

Bewilligung einer halben Provinzialkollekte. Reineinnahme: 16.570,96 Mark.

wirkte Pfarrvikar Franz Henkel.

Abbruch des alten Grundhoff'schen Besitztums auf dem Kirchenbauplatz.

Entscheidende Kirchenvorstandssitzung. Endgültiger Beschluß des Kirchenvorstandes, den Kirchenneubau zu beginnen, die Bauleitung dem Architekten Karl Wibbe und die Bauausführung der Baufirma Anton Bach in Beckum zu übertragen.
Die Gesamtkosten des Kirchenneubaus samt Inneneinrichtung, Orgel und Glocken ausgenommen, betragen: 65.619,49 Mark.