Akte Hohoff, Oestinghausen
im Geheimen Staatsarchiv Berlin
 

l/Rep34Nr. 163
Paket 1771-1782
Akte Cleve Nr. 5
1. Februar 1774

Allerdurchlauchtigster Großmächtigster Monarch
Allergnädigster König und Herr!

Das Postamt zu Soest
berichtet allerunterthänigst,
in Sachen Ctra den Müller Hohoff
und Gerichts-Scheffen Hohoff zu
Oestinghausen, und bittet sich
fernerweite allergnädigst
assistence aus.

Ew. Königliche Majestät geruhen in Gnaden, wann auf Befehl Höchstdesselben General-Postamts vom 29. Juli A. C. beyliegende Klage Schrift nebst Anlagen, welche sub Lit. A. angelegen ist, bey des Churfürstlich Cöllnischen Landdrosten Herrn von Spiegel übergeben habe. Weil aber darauf weder eine Resolution erfolget, noch weniger der gesperrete Nothweeg auf Königlich Preußischen Territorio eröfnet, vielmehr noch immer versperret bleibt, auch an die so öfter mahlen nahe gesuchte Weege Besserung nicht gedacht wird.

So stehet daher nicht ohne Grund zu vermuthen, daß hirdurch auf den bevorstehenden Winter der Lauf der Posten, wie auch das mutuelle Commercium gäntzlich gehemmet werde. In welcher elenden Beschaffenheit nun dieser Postweeg von Oestinghausen bis Hultrop Chur-Cöllnischen Territorio darnieder liegt, werden Ew. Königliche Majestät aus der Beylage sub lit. B. ct. C. allergnädigst zu ersehen geruhen, daß das Vorgehen derer Postillons am 20. Mai a. C. wie doch anfänglich vermuthet werden weiten, nicht so strafbahr gewesen sey.

Pflichten halber habe also nicht verfehlen dürfen, dieses neu zu berichten, wir auch Ew. Königlichen Majestät höchst erlauchtigsten Dijudicatur in aller Untertänigkeit anheim zustellen, was Höchstdieselben dieserhalb ferner allergnädigst zu verfügen geruhen wollen. Aber mit aller Submission lebenslang ersterbe

Ew. Königlichen Majestät

Soest, den 2. Septemb 1774.

Allerunterthänigster Knecht
Doepking.

 

 

Hochwohlgeborener Freyherr
Gnädiger und Hochgebiethender
Herr Landdroste!

Als der zu Oestinghausen wohnende Müller Hohoff sich gantz freventlich unterstanden, dem die Straße von Hultrop bis Soest passierenden Königlichen Preußischen Postillon der bey schlimmen Wetter über das in Königl. Preußischen Territorio belegene Stein Pflaster gehenden Nothweeg durch Setzung einiger Dreh Böcke zu sperren, und nach dem der Magisrat solche Dreh-Böcke wegräumen lassen, vermelten Postillon mörderlich anzufallen, zu verwunden und selbst mit dem Pferde in die Ahse zu stürtzen, hat hiesiges Königliches Postamt diesen friedbrüchigen Vorfall höheren Orts allerunterthänigst angezeiget. Nachdem darauf von dem Königlich Preußischen Ministerio bey Sr. Churfürstlichen Gnaden um zu verschaffende Genugthuung und Bestrafung des an der Königlichen Post sich vergriffenden Frevlers angestanden, haben des Herrn Ministern von Belderbuschs Excellence in dem sub N. L. adjungirten Antwortsschreiben erwiedert, daß Ew. Excellence der Gnädigste Auftrag geschehen, diese so sträfliche als aller Genugthuung verdienende Unternehmung ungesäumt zur Untersuchung zu ziehen und die billige Straffe ehrstens dabey wircken zu lassen. Hiesiges Königliches Post Amt ist hierauf laut Adj. sub N. 2 vom Hochpreißl. Preußischen General Post Amt befehliget, bey Ew. Excellence auf die Untersuchung und Genugthuung zu dringen, den erlittenen Schaden an zu geben, und von dem Erfolg demnächst allerunterthänigst zu berichten.

Wann nun das friedbrüchige Unternehmen in aller Absicht der schärfsten Ahndung würdig, und außer der Schadens Ersetzung und privat Satisfaction poenam fractae pacis publicae verdienet, weil der Müller Hohoff mit seinen Complicen sich

  1. der Obrigkeit zu Soest, als diese auf dem in seinem Territorio
    belegenen Stein Weeg die Dreh-Böcke weggeräumet,
    wiedersetzet, wieder dieselbe so wohl als auch sich unanständiger
    injuricuser Ausdrücke und Schimpfworte bedient;
  2. sich so fort wieder unterstanden, an die Stelle der Obrichkeitlich
    weggeräumten Dreh-Böcke andere
    mit Eisen beschlagen hinzusetzen;
  3. dessen Complice und Vater Gerichts-Scheffen Hohoff in öffentlichen Wirths Hause in die Droh Worte aus gefahren: dass dem Ersteren wol. Ihre die Dreh-Böcke abzuhauen sich unterstehen würde, Kugeln und Knütteln zu Dienste stünden; und als
  4. der Magistrat zu Soest durch 25 Schützen die Dreh Böcke de novo
    wegräumen lassen, Er selbst solche Drohworte dafür wiederholet,
    dass er den Postillon, wan er wieder daher passieren sollte, auf
    den Kopf schießen wolle.
  5. Selbigen Nachmittags auch mit zwey unterm Rock gehabten starcken Knüttlen auf dem Stein Weeg dem Postillon aufgepaßet, und ihn so mörderlich zugerichtet, wie die relatio des Stadt Physici und Medici sub Nro 3 mit mehrerem bewähret.
  6. Ihn tod zu plagen gedrohet, und ihn würcklich mit dem Pferde in die Ahse gestürtzt. Und dan im gantzen Römischen Reich wo dieSicherheit ihrer Postillons dergestalt gesorget ist, daß sie unter der schwersten Strafe auf keine Art aufgehalten, viel weniger verletzet werden dürfen, nam omnia Postarum officia et Mutiva curso-ria contra vim externam specialiter sunt munita ac publica gaudent securitate cursores igitur violare laedere spoliare, nefas est et speciali eorum securitati infestum. [deutsch: denn alle Pflichten der Postillione und postalischen Wechselbeziehungen sind gegen äußere Gewalt besonders geschützt und erfreuen sich staatlicher Sicherheit. Also ist es ein Frevel, Postillione anzugreifen, zu verletzen und zu berauben, und es ist eine Gefahr für ihre Sicherheit insbesondere.]

Schweder. Introd. In Jurpubl. Part. Spec. sect. t. C. 18. 8. 10.
E stör. Rechtsgel. Der Trütpfen § 2160.

Bey dergleichen Gewaltthätigheiten sich auch damit nicht entschuldigen laßen, daß der Postillon zur Ausweichung einiger schlimmen Stellen über das Stein Pflaster reiten wollen; da einer jeden Post bey ohnbrauchbahren Straßen sich der Neben- und Feldwege zu bedienen berechtigt.
                                     E stör. cit. loc.§ 2162.

Und bey großen waßern und ausgetretener Ahse schlechterdings ohnmöglich ist, in der Gegend Oestinghausen ohne Lebensgefahr die ordinaire Post Straße zu passiren, und also zum größten Nachtheil der publici alle mahl der Postcours gehemmt werden müsste, wenn der ohnschädliche Gebrauch des qu. Stein Weeges durch Dreh Böcke auf immer gesperret werden sollte; da sonsten wenn der Postillon auch ohne Noth dieses Neben-Weeges sich bedient hätte, der Inculpat Hohoff nebst seinem Complicen sich doch an demselben nicht vergreifen dürffen. Quamvis enim securitas et pax publica hoc requirat ut quilibet in itinere constitutus nullo modo violari debeat et secus qui fecerit, poenam latrocinii incurrat, cum tarnen publici hi cursores autoritate non privata sed publica publicorum negotiorum gratia iter hoc suscipiant invit. labiles dicuntur ita quidem ut qui vim illis adhibeat, non latrocinii saltem, sed et criminis laesae Majestatis reus judicetur [deutsch: Denn in jeder Weise erfordert die Sicherheit und der öffentliche Friede, dass jeder, der sich auf einer Reise befindet, auf keine Weise angegriffen werden darf, und dass, wer anders handelt, der Strafe für Raub verfällt. Wenn nun diese staatlichen Postillione nicht aus privater Autorität, sondern unter dem staatlichen Schutz staatlicher Tätigkeiten diesen Weg auf sich nehmen, wider ihren Willen, werden sie als „Unsichere" bezeichnet, so freilich, dass, wer ihnen Gewalt antut, nicht so sehr als schuldig des Raubes, sondern sogar der Verletzung der Majestät, beurteilt wird]
                                 Roman.de Postis C. 3.  § 2.